Quellen sind Orte, an denen Grundwasser auf natürliche Weise aus dem Boden fließt. Sie entstehen, wenn Grundwasserleiter so angefüllt sind, dass ihr Wasser überläuft und den Weg an der Oberfläche fortsetzt. Schwerkraftquellen (absteigende Quellen) entstehen, wo der Grundwasserleiter die Landoberfläche schneidet. Artesische Quellen steigen aus zumeist tiefen Grundwasserkörpern auf, die in undurchlässigen Schichten lagern und durch nachsickernde Niederschläge unter Druck geraten, sodass ihr Wasser in Klüften wieder an die Oberfläche steigt (aufsteigende Quellen). Wie Quelltypen in der Limnologie unterschieden werden, haben wir im Fachbeitrag Begrifflichkeit und Klassifizierung von Quellen ausführlich dargestellt.
Die Definition klingt einfach, in der Praxis ist das richtige Erkennen von Quellen aber oft schwierig. Das liegt vor allem an unzähligen wasserbaulichen Maßnahmen. Die mittelalterliche Landgewinnung durch Trockenlegen von Mooren und Feuchtgebieten oder Deichbauten wurde in Zeiten eines rasanten Bevölkerungswachstums noch intensiviert: weitere Feuchtgebiete und Wälder wurden drainiert, Bäche in ober- und unterirdische Kanäle verbannt, Flüsse in neue Betten geleitet, Quellen gefasst, verfüllt, verlegt oder kurzerhand in den nächsten Gully geleitet. Diese und unzählige weitere Maßnahmen sind in Wasserland Deutschland ausführlich beschrieben.
Hinzu kam die Zentralisierung der Trinkwasserversorgung. Tausende Quellen wurden in geschlossene Brunnen und Rohre verbannt, neue Brunnen gebohrt, alte Quellbrunnen an Rohrnetze angeschlossen oder stillgelegt. So steht man heute vor vielen Rohren oder Brunnen und weiß nicht, woher ihr Wasser zufließt. Füllt sich ein Teich mit Regenwasser, aus einer Quelle oder Drainage? Ist es Staunässe, die den Waldboden sumpfig macht oder sind es Sickerquellen? Tritt das Wasser von alleine aus der Erde oder wird es aus einer Bohrung gepumpt? Oft kennt nur der Grundstückseigentümer die richtige Antwort, manchmal nicht einmal der.
Um natürliche Quellen möglichst korrekt als solche erkennen zu können, haben wir einen Leitfaden erstellt, der Kriterien aufzeigt und Hilfe bietet. Wir müssen aber einschränken, dass selbst mit viel Erfahrung nicht immer zu erkennen ist, woher das Wasser aus einem Brunnen, Rohr oder einer künstlichen Öffnung stammt. Oft – aber durchaus nicht immer – kann die Erkundung der weiteren Umgebung mehr Klarheit schaffen, manchmal auch der Blick auf Karten von Vermessungsämtern.
Offene Brunnen
Bei offenen Brunnen ist zumeist schwer zu erkennen, woher sie ihr Wasser beziehen. In geschlossenen Siedlungen sind sie heute überwiegend an die Versorgungsnetze angeschlossen. Orte wie Tübingen sind die Ausnahme. Dort hat man die Tradition der alten Laufbrunnen beibehalten, von denen noch 68 durch stadteigene Quellen versorgt werden, deren Wasser in 500 Jahre alten Stollen gesammelt wird. Auch diese Brunnen werden zu Allerheiligen aber abgesperrt. Ganzjährig fließen nur die wenigen Dorfbrunnen, die bis heute aus den Quellen gespeist werden, an denen sie einst errichtet wurden. Deren konstante Wassertemperatur von ca. 7°C bis 11°C verhindert das Einfrieren der Rohre bei Frost.
Dorfbrunnen werden zumeist aus den Versorgungsleitungen gespeist und im Winter abgestellt
Brunnen an außerörtlichen Wanderwegen und Straßen – die meisten in Wäldern gelegen – fassen überwiegend natürliche Quellen und fließen ganzjährig. Häufig erkennt man ihren Quellcharakter an Wasseraustritten neben dem Brunnen. Anderen Brunnen wird Wasser in unterirdisch verlegten Rohren von Bohrbrunnen zugeleitet oder in offenen Rohren aus einem nahen Bach. Der Hinweis „Kein Trinkwasser“ lässt nicht auf die Herkunft des Wassers schließen. Er besagt lediglich, dass die Wasserqualität nicht regelmäßig gemäß den Anforderungen der Trinkwasserverordnung überprüft wird.
Außerörtlicher Brunnen, direkt an einer Quelle fasst und ganzjährig fließend
Brunnen, dessen Quellcharakter an benachbarten Wasseraustritten zu erkennen ist
Brunnenrohr, das sein Wasser aus einer alten, bemoosten Quellfassung dahinter erhält
Brunnen, der über eine unterirdische Leitung vom nahen Wasserwerk gespeist wird
Brunnen an einem Wanderweg, der sein Wasser aus einem Bach bezieht, dessen Quelle in diesem Fall wenige Meter oberhalb liegt
Alte „Wunderbrunnen“ und „Heilige Quellen“, die man oft an (ehemaligen) Wallfahrtsstätten findet, beziehen ihr Wasser nach unserer Schätzung zu mehr als 50% von artesischen Quellen mit zumeist sehr reinem Wasser. Weist dieses aus der Tiefe aufsteigende Wasser anthropogene Schadstoffe auf, so findet die Verunreinigung im Kontakt mit höher gelegenen Grundwasserkörpern statt. An Trinkwassernetze werden diese „Brünnl“ nur angebunden, wenn ihr Wasser versiegt oder kontaminiert ist, sie aber von touristischem Interesse sind, wie beispielsweise das „Fieberbründl“ im österreichischen Fieberbrunn.
Das „Fieberbrünnl“ unterhalb eines Friedhofs. Um Kontamination zu vermeiden wurde es an das Trinkwassernetz angeschlossen
Brunnen, zu denen Menschen – oft schon seit Generationen – kommen, um sich Trinkwasser abzufüllen, werden fast ausnahmslos von natürlichen Quellen gespeist, oft von artesischen. Holt sich gerade niemand Wasser, so können Flaschenetiketten am Boden und in Mülleimern oder Reifenspuren ein Hinweis sein, dass sich hier öfter jemand Wasser holt. Mit entsprechenden Infotafeln sind diese Quellen selten versehen, eher mit einem Schild, dass es sich um „Kein Trinkwasser“ handelt oder mit einem demonstrativen Parkverbot. Die „Obrigkeit“ ist halt doch sehr besorgt um die Gesundheit ihrer Bürger...
Artesische Quelle über der Eyach, an der Menschen seit jeher Trinkwasser holen
Geschlossene Brunnen
In den Brunnen der Versorger (in Bayern sind es rund 4.300), die man an ihren Umzäunungen und ausgewiesenen Wasserschutzgebieten erkennt, wird in Deutschland nur noch ca. 8% des Trinkwassers aus Quellen gewonnen. Die allermeisten Quellen schütten nicht ausreichend und zuverlässig genug und/oder die Qualität ihres Wassers schwankt zu stark. Der mit 63% größte Versorgungsanteil wird aus dem Grundwasser gepumpt. Brunnen mit natürlichen Quellen sind manchmal an ihrem Überlauf zu erkennen, durch den sie sich von gebohrten Brunnen unterscheiden.
Eine Brunnenstube mit Überlauf lässt in den meisten Fällen auf eine gefasste natürliche Quelle schließen
Bei den zahllosen privaten Brunnen, häufig als runde Betonfassung mit oder ohne Entlüftungsrohr zu erkennen, liegt der Anteil gefasster Quellen deutlich höher als bei den Versorgern. In manchen Gegenden gewinnt man den Eindruck, die Zahl an Brunnenfassungen sei höher als die an natürlichen Quellen. Wird gebohrt, dann selten tiefer als fünfzehn Meter. Viele Privatbrunnen liefern nur Betriebswasser, manche sind schon lange nicht mehr in Gebrauch. Ihr Brunnen ist unüblich, da und dort werden sie als Müllkippe missbraucht - was der Qualität des Grundwassers nicht eben förderlich ist. Generell gilt für Brunnen eine Anzeigepflicht, für tiefere auch eine Genehmigungspflicht. Unterlassungen könn(t)en mit hohen Bußgeldern geahndet werden. Im Gespräch mit den Eigentümern gewinnt man aber oft den Eindruck, dass die Brunnen „schwarz“ betrieben werden. So haben die Wasserwirtschaftsämter nach unserer Einschätzung keinen verlässlichen Überblick über die entnommenen Wassermengen und die Nutzung des Wassers.
Runde Brunnenfassung ohne Entlüftungsrohr mit allenfalls geringer Bohrtiefe, zur besseren Auffindbarkeit mit farbigem Stock markiert
Brunnen zur Eigenversorgung mit Trinkwasser unterliegen hingegen der Prüfpflicht nach Trinkwasserverordnung und die Analysen werden von den zuständigen Behörden auch eingefordert. Etwa 700.000 Menschen sollen in Deutschland noch aus Hausbrunnen versorgt werden, überwiegend Bewohner von Aussiedler- oder Bergbauernhöfen.
Eigenbrunnen zur Trinkwasserversorgung von drei Aussiedlerhöfen
Verbirgt sich in einem Brunnen keine Quelle, sondern eine Bohrung, so muss das Wasser normalerweise gehoben werden, wofür Elektropumpen nötig sind. Ebenso wie Wasserrohre sind die Elektrokabel aber oft unterirdisch verlegt, sodass man sie nicht erkennt.
Quellen im Gebirge
Manche Gebirgsregionen waren schon in der Jungsteinzeit bekannt, wie man spätestens seit dem Fund von „Gletschermann“ Ötzi weiß. In Zeiten mit milderem Klima suchten die Menschen Alpenübergänge und bewirtschafteten Almen in über 2.000 Meter Höhe, wie man in der Schweiz herausfand. Heute liegen viele Quellen entlang der Netze aus Pfaden und Steigen, die sich im Lauf der Jahrtausende ausgebildet haben. Manche sind direkt am Austrittsort mit einem Rohr oder einfachen Brunnen gefasst. Die Zahl der Quellen hängt wesentlich von den Gesteinen im Untergrund, von deren Faltung und der Höhenlage ab. Als Faustformel gilt: je mehr man sich den Gipfelregionen nähert, umso kleiner ist das Einzugsgebiet, entsprechend geringer die Zahl von Quellen und ihre Schüttung.
Almhütten wurden primär dort gebaut, wo sie vor Lawinen- und Murenabgängen sicher und wettergeschützt sind. Manche beziehen ihr Wasser deshalb von einer etwas entfernten Quelle, von der es in Rohren oder Schläuchen zur Hütte geführt wird. Größere Berghütten und Gastronomiebetriebe werden heute zum Teil vom Tal versorgt, von wo das Wasser mit hohem Energieaufwand hochgepumpt werden muss.
Almhütte in geschützter Lage mit einem Brunnen (links im Bild), der sein Wasser von einer Quelle oberhalb bezieht
Manche Bergbauernhöfe versorgen sich aus einer zum Hof gehörigen Quelle, andere betreiben gemeinschaftlich kleinere Netze mit Pumpstationen und Zwischenspeichern, an die mehrere Höfe angebunden sind. Viele der oft malerischen Brunnen vor den Häusern werden aus solchen Leitungen gespeist. Die schneearmen Winter vergangener Jahre versorgten manche dieser hoch gelegenen Quellen mit so wenig Wasser, dass die Höfe schon früh im Jahr von Tankwagen versorgt werden mussten.
Eigenbrunnen eines Bergbauernhofes mit gefasster Quelle
Brunnen an einem Bergbauernhof mit Eigenwasserversorgung. Die Quelle liegt weit oberhalb
In quellenarmen Gegenden werden auch Tränken auf den Weiden und Brunnen entlang der Wege teilweise aus Rohrnetzen gespeist. In quellenreichen Regionen wie dem Rauriser und Gasteiner Tal sind die meisten Brunnen hingegen direkt an einer Quelle errichtet. Insgesamt sind die wasserbaulichen Maßnahmen in den Hochlagen der Gebirge aber deutlich geringer als in den großen Siedlungsgebieten und viele Quellen lassen sich leichter als solche erkennen.
Beim Blick auf Karten könnte man meinen, jeder Bachlauf hätte seinen Ursprung in einer Quelle. Weit gefehlt. Zumal in steilen Gebirgslagen graben intermittierende Bäche, die nur bei der Schneeschmelze und bei Niederschlägen Wasser führen, oft markantere Täler als dauerhafte Quellbäche, die in hohen Lagen oft nicht mehr als Rinnsale sind. Sehr viele dieser kleinen Gebirgsquellen haben es noch nicht in die gängigen Kartenwerke geschafft, in besonders unwegsamen Lagen dürften manch eine auch noch gänzlich unbekannt sein. In Summe dürften oberflächlich ablaufende Niederschläge den jungen Gebirgsbächen jedenfalls weit mehr Wasser zuführen als Quellen.
Quellen im Karst
Einen Sonderfall stellen Gebiete mit erodiertem Kalkstein dar, die in weiten Teilen Europas den Wasserkreislauf bestimmen. Viele von ihnen liegen auch im Gebirge, selten allerdings in den Hochlagen. Im Karst versickern Niederschläge größtenteils in Ritzen und Spalten, durchlaufen Klüfte, waschen ganze Höhlensysteme aus und treten mit teils spektakulären Quellen wieder an die Oberfläche. Die Verweilzeiten des Wassers im Gestein sind allerdings kurz, die Filterwirkung von Karstgestein ist gering. Deshalb spiegeln die Quellschüttungen, Sediment- und Schadstoffmengen im Wasser die versickerten Niederschläge mit nur kurzer zeitlicher Verzögerung wider. Für Wasserversorger sind das schwierige Voraussetzungen, wie vor allem im Balkan deutlich wird, wo häufig keine Alternativen zu Karstquellen zur Verfügung stehen. Die Aufbereitung von solchem Quellwasser ist aufwendig und verursacht hohe Kosten.
Wasserwerk an einer großen Karstquelle in Istrien. Am Ablauf ist der hohe Sedimentgehalt des Wassers zu erkennen
Manche Karstquellen, die im Winter und Frühjahr gewaltige Schüttungen haben, führen im Sommer kaum Wasser. Der Anteil intermittierender Quellen ist im Karst deutlich höher als auf anderem Gestein. Die schwäbischen und fränkischen Juragebiete etwa sind bekannt für ihre „Bröller“, „Tummler“ oder „Geuder“, von denen manche nur alle paar Jahre Wasser führen, es dann aber regelrecht ausspeien, was ihnen den Namen „Speiloch“ eingebracht hat. Sie können aus Wiesen, Klüften oder Höhlen hervorbrechen und sind oft nach einigen Tagen, manchmal schon nach Stunden wieder verschwunden. Hinter einigen Speilöchern verbirgt sich ein natürlicher Siphon, der große Wassermengen mit einem Schwall entlässt, sobald er sich vollständig angefüllt hat. Wie auch bei den weniger spektakulären „Hungerbrunnen“ ist es eine Frage des „richtigen Timing“, will man sie aktiv erleben. Liegen mehrere Speilöcher beieinander, so schütten sie oft über unterschiedlich lange Zeiträume.
Kleiner Jura-Bröller am Esselbergbach im Februar 2021, als er über eine Woche lang aktiv war
Aktiver Kleiner Tummler am Fuß einer Felswand im Leinleitertal. Der Große Tummler wenig unterhalb war zu diesem Zeitpunkt bereits seit Tagen wieder trocken.
In Gebirgen liegen größere Karstquellen fast ausnahmslos unterhalb der Gipfelregionen. Auch die meisten verkarsteten Hochflächen sind für ihren Mangel an Oberflächenwasser und Quellen bekannt. Weiter unterhalb tritt das Wasser dann in Form von Sturzquellen aus Felswänden und steilem Gelände, die Bäche poltern als Wasserfall ins Tal. Zur Zeit der Schneeschmelze kann man in den Alpen viele Dutzend solcher imposanten Quellen entdecken, von denen manche noch nicht einmal einen Namen haben.
Kuhfluchtwasserfall | „Schreiende Brunnen“ |
Das meiste Wasser gibt der Karst in den Talregionen am Fuß der Gebirgsstöcke frei. Sind die Einzugsgebiete entsprechend groß, können die Quellschüttungen Dimensionen erreichen, die ausgewachsene Flüsse an die Oberfläche treten lassen.
Die Quelle der Buna (Herzegowina) ist mit einer mittleren Schüttung von 43 m³/s die größte Karstquelle Europas.
Eine Besonderheit des Karstes sind auch seine Schwinden oder Schlucklöcher. Das Wasser wechselt oft mehrfach zwischen Fließstrecken über und unter der Erde und bildet dabei immer neue Quellen. Die Ljubljanica in Slowenien etwa trägt den Namen „der Fluss mit sieben Quellen“, da ihr Wasser so oft ausgetreten und wieder versickert ist, bevor es im Ort Vrhnika mit mehreren kräftigen Quellen endgültig an die Oberfläche tritt.
Limnokrenen
Limnokrenen (auch Trichterquellen oder Tümpelquellen) liegen so häufig auf Kalkgestein, dass man sie als Sonderform der Karstquelle betrachten kann. Das verleiht ihrem Wasser den für viele Karstquellen typischen Schimmer in wunderbaren Grün- und Blautönen. Limnokrenen treten am Grund einer Mulde aus, in der sie einen Quelltümpel oder Quellteich bilden. In Deutschland gibt es vermutlich hunderte Limnokrenen in unterschiedlichsten Größen, viele von ihnen im Jura, im Harz und an den Rändern der Westfälischen Bucht. Manche verstecken sich in Wäldern und bilden um ihre Austrittsstellen tänzelnde Sandvulkane. Andere findet man in Feuchtgebieten und Mooren, wo sie in Süddeutschland auch „Moorauge“ genannt werden. Manche dieser Mooraugen im Voralpenland haben sich in Toteislöchern gebildet und speisen sich aus Grundwasser, sodass sie im Winter nicht zufrieren. Nicht alle Mooraugen sind wiederum Quellen. Manche speisen sich ausschließlich aus Niederschlagswasser und frieren bei Frost zu.
Moorauge, von Grundwasser gespeiste Limnokrene bei Unterammergau | Kaltenbachquelle, Limnokrene in einem Toteisloch |
Von Niederschlägen gespeistes Moorauge mit noch nicht abschließend geklärtem Ursprung im Schwarzen Moor (Rhön). Bild von biospherenreservat-rhoen.de
Im dinarischen Karst entspringen die meisten Limnokrenen aus blankem Kalkgestein. Die Klüfte, aus denen das glasklare Wasser der „blauen Augen“ des Balkans aufsteigt, erreichen Tiefen von weit über 100 Metern. Manche dieser Quellseen bilden den Ursprung kleiner Flüsse.
Quelle der Cetina mit einer (bisher bekannten) Tiefe von über 130 Metern
Limokrenen sind einzigartig, (fast) unverwechselbar und selten verbaut. Wegen ihrer besonderen Schönheit gehören viele europaweit zu den bekanntesten und am häufigsten besuchten Quellen, wie Syri i Kalter in Albanien, die Cetinaquelle in Kroatien, die Savequelle in Slowenien, das Meerauge im österreichischen Bodental, der Fosse Dionne in Frankreich, die Saula Siniallikad in Estland oder Blautopf und Rhumequelle in Deutschland.
Quellen im Wald
Die größte Zahl der Quellen Mitteleuropas entspringt in Wäldern, in Deutschland oft in Mittelgebirgen, wo auch viele Flüsse ihren Ursprung haben. In Nordeuropa liegen die meisten Quellen hingegen in ausgedehnten Sumpfgebieten und Seenlandschaften. Trockentäler sind hier seltener als im Hochgebirge; lässt es das Gelände zu, einem Bachlauf zu folgen, stößt man meistens auf eine Quelle. Andererseits gibt es auch viele Quellen, die keinen Bach bilden, weil sie entweder zu klein sind oder als endorheische Quellen nach kurzer Fließstrecke wieder versickern.
Nicht gefasste Quellen, die aus dem Waldboden oder einer Felsspalte treten, sind leicht als solche zu erkennen. Abseits der Wege sind manche mit farbigen Stöcken markiert, um das Auffinden zu erleichtern. Waldquellen fernab von Straßen und Wanderwegen sind oft nur Grundstückseignern, Jägern oder Förstern bekannt, vielleicht noch dem örtlichen Wasserversorger, der immer auf der Suche nach neuen Brunnen ist.
Kleine Waldquelle
Obwohl in Deutschlands Wäldern seit Urzeiten gerodet, gepflanzt und aufgeräumt wird, gibt es immer noch Ecken, die so unzugänglich sind, dass dort Quellen sprudeln, die vermutlich noch nie Bekanntschaft mit Menschen gemacht haben. Andere sind in Vergessenheit geraten - früher kannten die Menschen ihre Wälder weit besser als heute.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurden viele Wälder mit Kanälen und Drainagerohren entwässert. Obwohl man heute weiß, dass das für die Wälder, die Grundwasserneubildung, die Artenvielfalt und den gesamten Wasserkreislauf schlimme Folgen hat, wird es vereinzelt weiter praktiziert. Bei der Begegnung mit Rohren im Wald stellt sich deshalb die Frage, woher ihr Wasser stammt: aus einer natürlichen Quelle oder einer Drainage? Ist es ein Gerinne, das weiter oben in ein Rohr gepackt wurde und hier wieder an die Oberfläche tritt? Oder ist es vielleicht der Überlauf eines Versorgerbrunnens weiter oben?
Was kommt hier geflossen...?
... oder hier?
An Waldrändern und Lichtungen speisen solche Rohre oft Fischteiche, die ganzjährig ausreichend Wasser in erforderlicher Qualität benötigen. Erkundet man das Gelände, findet man an vielen dieser Teiche neben einem Sammelsurium von desolaten Drahtzäunen und Messi-Müll auch Brunnen, die Quellen oder hohes Grundwasser fassen.
Viele sumpfige Stellen im Wald entstehen durch Sickerquellen, deren Wasser sich in einem Bach sammelt. Solche Quellareale, die im Winter eisfrei bleiben, können Flächen von mehr als 1.000 Quadratmetern haben und einen Quellhorizont anzeigen. Man erkennt sie an ihrer besonderen Flora: Moose, Binsen, Farn, Wald-Schachtelhalm, Brunnenkresse, Löffelkraut, gegenblättriges Milzkraut, Schaumkraut usw. Die Beschaffenheit der Biotope hängt neben dem Wasser von der Bodenbeschaffenheit, den Lichtverhältnissen und den umgebenden Baumarten ab. Alle bilden sie artenreiche Habitate für Insekten und unzählige quellenbewohnende Winzlinge wie Quellschnecken, Flohkrebse oder Alpenstrudelwurm, manche von ihnen endemisch. Auch Amphibien, eine weltweit besonders bedrohte Artengruppe, finden in dem dauerfeuchten Ambiente einen geeigneten Lebensraum. Quellareale sollten also keinesfalls betreten werden!
Großflächiges Quellbiotop mit dem für Sickerquellen typischen Bewuchs
Davon zu unterscheiden sind Kuhlen auf wasserundurchlässigem Grund, in denen sich Niederschlagswasser sammelt. Ihr sumpfiger Grund wird von Waldtieren gerne als Suhle genutzt und dabei regelrecht „umgepflügt“. Solche Kuhlen haben selten Abflüsse, es fehlt die quelltypische Flora und bei Frost gefriert das Wasser in ihnen.
Offenlandquellen
Offenlandquellen liegen überwiegend auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, wo sie bestenfalls durch ein paar Bäume und Gestrüpp, nur selten durch Umzäunung geschützt sind. Nach offiziellen Schätzungen sind ihre Quellbiotope zu 80% stark oder sehr stark geschädigt, vor allem durch Landmaschinen, Trittschäden, Dünger und Pestizide. Wo sie der maschinellen Bearbeitung im Wege waren, wurden sie vielfach verfüllt oder verlegt.
Offenlandquelle auf einer Weide mit Trittschäden
Die landwirtschaftliche Nutzung staunasser Böden, die sich in Süddeutschland oft in geografischen Namen wie „Moos“ oder „Ried“ widerspiegeln, wurde erst durch das Anlegen von Drainagen möglich. Die offenen Drainagegräben früherer Zeiten sind im Landschaftsbild gut als solche zu erkennen.
BayernAtlas
Mit fortschreitender Mechanisierung der Landwirtschaft wurde den Böden das Wasser zunehmend mit unterirdischen Rohren entzogen, die bis in die 1960er Jahre aus Ton waren, danach aus Kunststoff. Heute schätzt man, dass rund 12% der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland drainiert sind. Entsprechend hoch ist die Zahl von Rohren, aus denen Wasser fließt. Wie auch im Wald ist oft unklar, ob es sich um eine gefasste Quelle, Drainagewasser oder den Wiederaustritt eines verrohrten Baches handelt.
Anders als an Waldrändern und auf Lichtungen, wo viele Tümpel ihr Wasser von Quellen oder hohem Grundwasser erhalten, werden Weiher auf landwirtschaftlichen Flächen überwiegend von Drainagen oder Niederschlagswasser gespeist. In manchen Gegenden mit verstreuten Gehöften hat praktisch jeder Bauer seinen Tümpel, manches Dorf noch einen Löschwasserteich. Das Stauwasser aus Drainagen weist durchschnittlich höhere Schwankungen von Temperatur und Fließmenge auf als Quellwasser, es transportiert mehr Sedimente und Nährstoffe, der Sauerstoffgehalt ist geringer. Durch Eutrophierung bilden sich in vielen dieser Teiche Faulschlämme, deren anaerobe Abbauvorgänge giftige und übelriechende Gase freisetzen.
In Mittelgebirgen und im Voralpenland entspringen Quellen oft am Beginn eines Kerbtals, dass der Bach im Lauf der Zeit in das geneigte Gelände erodiert hat. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen werden die Quellaustritte am Boden der Gräben oft mit einem Rohr gefasst, um rückschreitende Erosion zu verhindern.
Offenlandquelle mit rückschreitender Erosion
Manchmal entwässert oberhalb der Quelle zusätzlich ein Drainagerohr in den Graben. Aus ökologischer Sicht sind Quellen und Bäche in solchen Kerbtälern wegen ihres feuchten Mikroklimas besonders wertvoll. Da ihre oft steilen, mit Dickicht bewachsenen Talflanken schwer zugänglich sind, befinden sich Quellen und Bäche in zumeist gutem Zustand – sofern sie nicht als Müllkippen und zur Entsorgung von Bauschutt missbraucht werden.
Artesische Quellen
Bei artesischen Quellen steigt unter Druck stehendes Wasser aus einem begrenzten, meistens tief gelegenen Grundwasserreservoir auf natürliche Weise an die Oberfläche. Davon unterschieden werden artesische Brunnen, die Wasser aus sehr unterschiedlichen Tiefen mittels Bohrungen (Schächten) und Pumpen an die Oberfläche fördern. Artesisches Wasser ist sehr rein und unterscheidet sich in den Wasseranalysen oft stark von denen umliegender Grundwasserquellen.
Der Druck artesischer Quellen kann so hoch sein, dass sie an ihrem Austritt kleine Fontänen bilden oder sogar in Rohren aufsteigen, wie auf den Quellwiesen bei Unna/Mülheim. Bei Gahlen am Wesel-Dattel-Kanal soll das Wasser bei Erkundungen für den Bergbau vor gut 100 Jahren aus einem zufällig angebohrten Tiefenlager fast fünf Meter hochgeschossen sein. Die meisten artesischen Quellen erkennt man allerdings nur an ihrer im Jahresverlauf recht konstanten Schüttung und Temperatur. Werden anthropogene Einflüsse in ihrem Wasser nachgewiesen, wie beispielsweise in Unna/Mülheim, so ist dafür der Kontakt mit höher gelegenen, kontaminierten Grundwasserleitern verantwortlich.
Artesische Quelle bei Unna/Mülheim, die durch ihren Wasserdruck in einem Rohr aufsteigt
Von den Heiligen Quellen in ganz Europa und den Brunnen, an denen sich Menschen seit jeher Trinkwasser abfüllen, sind nach unserer Schätzung weit über die Hälfte artesischen Ursprungs.
Natürliche Mineral- und Heilwasserquellen
Jedes Wasser löst unter der Erde Kationen und Anionen aus Böden und Gestein, u.a. aus Karbonat- und Salzgestein. Bestimmend für die Höhe der Anreicherung sind die Fließgeschwindigkeit, die Verweildauer in einzelnen Bodenschichten und die Wassertemperatur: außer bei Carbonatgestein werden in der Regel mit steigenden Temperaturen mehr Mineralstoffe gelöst. Zudem fördern ein niedriger pH-Wert und natürliche Kohlensäure im Wasser die Mineralisierung. Leitungswasser, das in Deutschland aus bis zu 200 Meter Tiefe stammt, enthält vor allem Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium - je mehr, desto „härter“ ist es.
Manche der heute genutzten Mineral-, Heil- und Thermalwässer gehen auf natürliche Quellen zurück, die vermutlich schon in der Steinzeit bekannt waren. Mit den zahlreichen Thermen und Heilwasseranwendungen der Römer stieg der Wasserbedarf und sie bohrten Brunnen von noch bescheidenen Tiefen. In ihrer Heimat war das selten notwendig, denn die Apenninhalbinsel ist reich an ergiebigen natürlichen Thermal- und Mineralquellen. Die heute vermarkteten Mineral- und Thermalwässer werden fast ausnahmslos aus Bohrungen gefördert, die bis über 1.000 Meter tief reichen. Beworben werden viele trotzdem als „Quelle“.
Davon unterscheiden sich natürlich austretende Mineral-, Heilwasser- und Thermalquellen, die es in weiten Teilen Europas in allerdings sehr unterschiedlicher Dichte gibt. In Italien, Griechenland oder Island findet man wegen der besonderen geologischen Verhältnisse besonders viele hochmineralisierte (Thermal-)Quellen, in Skandinavien fast keine. Oft ist die Mineralisierung so hoch, dass sich um die Quellaustritte und in den Quellbächen Sinterterrassen und ganze Hügel aus Kalk oder - an schwefeligen Wässern – aus Gips bilden. Manche Metalle wirken färbend, wie Eisenoxid mit seinem typischen Rostrot, Mangan (Grau) oder die selteneren Salze von Kupfer und Nickel (Grün- und Blautöne). Zudem fördert warmes Wasser das Algenwachstum, sodass die Ablagerungen gerade an Thermalquellen oft recht farbenfroh sind.
Thermalquelle in Bagni San Filippo, Italien
Sehr viel weiter verbreitet sind Kaltwasserquellen mit hohem Mineraliengehalt. In Karstgebieten haben sie überwiegend Calcium und Magnesium gelöst, sie bilden Sinter, Steinerne Rinnen und mächtige Schichten aus Tuffstein. Die Geowissenschaft betrachtet sie als Mineralquellen, die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung (1984) nicht, da ihre Inhaltsstoffe zu stark schwanken und ihr Wasser nicht die geforderte „ursprüngliche Reinheit“ besitzt.
Kalkabscheidung in Form einer Steinernen Rinne... | ... und als Sinterterrassen |
Karstquellen und ihre Bäche sind wegen des zumeist klaren Wassers reich an für sie typischen Wasserpflanzen. Wegen der gleichmäßigen Wassertemperatur beginnt die Vegetationsperiode deutlich früher als bei stehenden Gewässern, mit Brunnenkresse und Merk, Sumpfdotterblume und Wasser-Ehrenpreis, bald folgen Laichkraut, Wasserschlauch, Wasserhahnenfuß und viele andere Arten.
Weit geringer ist die Zahl natürlicher Mineralquellen, die mit Schwefel, Eisen, Salz usw. angereichert sind, mit Kohlendioxid (Sauerwasser) oder dem Edelgas Radon, ganz selten auch mit Jod und Brom. Die meisten enthalten eine Vielzahl von Mineralien, deren jeweilige Zusammensetzung dem Wasser seinen besonderen Charakter und Geschmack verleihen. Die Zahl natürlicher Mineralquellen ist nicht bekannt. In Deutschland dürften es einige Hundert sein, in Europa einschließlich Island viele Tausend. Gehäuft treten sie auf in Gegenden mit vulkanischer Aktivität, mit fossilen Brennstoffen, Pyrit oder Salzlagern und an Grabenbrüchen. Einige wurden früher in einfachen Bauernbädern als Heilquellen genutzt, an Solequellen wurde seit der Steinzeit Salz gesiedet. Andere liegen versteckt in Wäldern, in Höhen über 1.500 Metern sind sie selten.
Quellen mit hohem Schwefelanteil bemerkt man oft schon in einiger Entfernung am Geruch nach faulen Eiern (Schwefelwasserstoff), der sich mitunter in Flurnamen wie „Stinkabrunn“ oder „Stinkergraben“ widerspiegelt. Die Intensität des Geruchs hängt von der Anreicherung sowie von der Stärke der Quellschüttung und Wasserbewegung ab. Oft wachsen in Schwefelquellen Rasen aus weißen Bakterien und Kieselalgen, Pflanzen hingegen kaum. Schwefelige Wässer bilden Ablagerungen aus Gips, die bei hohen Anreicherungen gelb gefärbt sein können.
Schwefelquelle mit typischen hellen Bakterienrasen und Ablagerungen
Ähnlich leicht lassen sich Eisenquellen erkennen. Ihr Wasser bildet rostrote Ablagerungen und häufig findet man eisenliebende Bakterien, die gallertig den Boden überziehen oder als feine, schillernde Filme auf der Wasserfläche schwimmen.
Eisenquelle mit rostroten Ablagerungen von oxidiertem Eisen
Solequellen können Salzkrusten bilden, spätestens erkennt man sie aber bei einer Kostprobe des Wassers. Das Wasser von Sauerbrunnen reagiert aggressiv auf Metalle, es zerfrisst Leitungen, Armaturen und Abflussroste.
Die gelösten Mineralstoffe bilden Ablagerungen mit oft rötlicher Färbung. Eine Sonderform stellen Mofetten mit kaltem Gasaustritt an der Quelle dar.
Sauerbrunnen mit Steinbildung
Gelenberger Mofette mit kaltem Gasaustritt
Radonhaltige Wässer können wir mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen - trotzdem wurden sie schon vor Jahrtausenden als Heilwässer erkannt und genutzt.
Unterwasserquellen
Am schwierigsten zu erkennen sind Unterwasserquellen. Submarine Quellen liegen zumeist an Küsten mit Karst oder vulkanischem Gestein, sie können aber auch Tiefen von über 1.000 Metern erreichen. Wie viel Süßwasser weltweit unterhalb des Meeresspiegels austritt, schätzen Wissenschaftler mit 0,01 bis 10 Prozent des globalen Wassereinstroms durch Flüsse. Diese immense Spanne zeigt, wie wenig über submarine Quellen bekannt ist.
An der Wasseroberfläche erkennt man sie nur, wenn das Grundwasser unter hohem Druck steht und sie entsprechend stark schütten. Fährt man nach starken Niederschlägen etwa an der Bucht von Kotor entlang, entdeckt man zahlreiche kreisrunde Flächen, an denen das Wasser regelrecht brodelt. Taucher bemerken an den Quellen Schlieren, die bei der Vermischung von Süß- und Salzwasser entstehen sowie deutliche Temperaturunterschiede.
Submarine Quelle in der Bucht von Kotor
Auch in Fluss- und Bachbetten treten Quellen aus, von denen eine große Zahl unbekannt sein dürfte und kaum eine dokumentiert ist. Denn sie sind besonders schwer zu entdecken. Belegt ist eine Kette von 19 Karstquellen im Bett des Oberen Evrotas östlich von Pellana auf der Peloponnes. Macht man sich dann vor Ort auf die Suche nach ihnen, müssen eine Reihe günstiger Umstände zusammenkommen, damit man sie im schwierigen Gelände findet: so müssen sie ausreichend Wasser führen, der Pegel des Flusses darf aber auch nicht zu hoch sein. Na ja, vielleicht klappt es ja beim nächsten Anlauf ...
Nach ein paar Frostnächten im Winter hat man die Gelegenheit, Quellen in Stillgewässern zu entdecken. Quellgespeiste Teiche und Tümpel bleiben dann nämlich eisfrei, ob vollständig oder nur teilweise hängt von der Außentemperatur und der Stärke der Quellschüttung ab. Mit einer Drohne erkennt man auch auf manchem See eisfreie Flächen. Sind sie kreisrund, so liegt die Ursache meistens bei einem Quellaustritt, andernfalls können es auch Strömungen sein, die das Eis offenhalten.
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