Leitfaden zur Quellensuche

Quellenleitfaden

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Willkommen zum Quellenleitfaden - unserem umfassenden Begleiter in die faszinierende Welt der Quellen. Ob Ihr nun aus Neugierde, Naturverbundenheit oder wissenschaftlichem Interesse mehr über diese kostbaren Naturschätze erfahren möchten, hier findent Ihr wertvolle Informationen und praktische Anleitungen zur Erkundung, Dokumentation und zum Schutz von Quellen.

 

 

Auf Karten

 

Die einfachste Möglichkeit, Quellen zu finden, bietet Karten. Neben Open Source Maps und google maps gibt es zahlreiche im Netz zugängliche topografische Karten, die – zumindest in Basisversionen - von den jeweiligen Ländern im Netz gratis zur Verfügung gestellt werden.

In keiner europäischen Sprache wird sauber zwischen Quelle und Brunnen unterschieden, wie wir in  „Begrifflichkeit und Klassifizierung von Quellen“ dargestellt haben. Mancher Name gibt aber einen Anhaltspunkt, was einen erwartet. So sind „Kalte Brunnen“ oder „Spring“ oft artesische Quellen, der Sauerbrunnen ist mit Kohlendioxid-Gehalt angereichert, der Stinkebrunnen mit Schwefel, der Rotborn oft mit Eisen. Hungerbrunnen, Bröller, Tummler oder Geuder weisen auf periodische Quellen hin. Heilige Quellen und Heilquellen, zu denen manche Menschen bis heute eine besondere Beziehung pflegen, werden in Süddeutschland und Österreich oft liebevoll als „Bründl“ oder „Brünnl“ bezeichnet. Allerdings ist nicht jedes „Brünnl“ eine altverehrte Quelle.

Auf Quellensuche lernt man bald, Karten – aus unterschiedlichen Gründen – mit Vorsicht zu genießen. So handelt es sich bei geschätzt drei Prozent der Quelleinträge in Open Source Maps (OSM) um keine natürlichen Quellen oder quellgespeiste Brunnen - bei manchen der mit Wasserhahn gekennzeichneten „Trinkwasserstellen“ aber schon. Die von Nutzern eingetragenen Quellen liegen erwartungsgemäß überwiegend an Radrouten, Wanderwegen und Steigen. In Deutschland, Teilen der Alpen und Griechenlands sind besonders viele Quellen gefasst. In West- und Nordeuropa ist die „Brunnenbauwut“ im Allgemeinen weniger ausgeprägt und der Anteil natürlicher Quellen höher. Die Geodaten sind in OSM recht zuverlässig. Nur wenige der Quelleinträge weichen mehr als 70 Meter von ihrer tatsächlichen Position ab.

Steigt man weiter ins Thema ein, so wundert man sich, dass gerade viele der schönsten Quellen fehlen. Sturzquellen, die weithin sichtbar aus steilen Felswänden brechen, sind – wenn überhaupt  –  als Wasserfall markiert. In Frankreich ist kaum eine der attraktiven Karstquellen mit Tauchhöhle zu finden. Quellseen werden anscheinend erst gar nicht als Quellen erkannt. Es fehlen unzählige natürliche Thermal- und Heilwasserquellen, auch solche mit wunderbaren, frei zugänglichen Naturpools. Die Zahl der Heiligen

„Brünnl“ ist mehr als dürftig.

Regional ist das Engagement der Nutzer sehr unterschiedlich. Im Balkan, dessen Karstquellen zu den großartigsten in Europa zählen, findet man erst in letzter Zeit etwas mehr Quelleneinträge – das Land ist dünn besiedelt, die Bewohner haben andere Probleme als ihre Quellen in OSM einzutragen und der gemeine Urlauber verbringt seine Zeit an der Küste. Trotz aller Unschärfen bildet OSM den besten Einstieg in die Quellensuche, da die Wegenetze in den meisten Ländern brauchbar und die Geodaten von Quellen mit wenigen Ausnahmen zuverlässig sind.

Die Quelleinträge auf topografischen Karten institutioneller Vermessungsstellen sind nicht deckungsgleich mit denen auf OSM. Zahlenmäßig sind es zumeist mehr, insbesondere auch viele weit abseits von Wegen. Eine Legende hilft im Allgemeinen, zwischen Quellen, Bohrbrunnen, Pumpstationen usw. zu unterscheiden, nicht jedoch zwischen natürlichen und gefassten Quellen. Auch intermittierende Quellen erhalten in vielen Legenden kein besonderes Symbol, manche erkennt man aber am blau gestrichelten Bachlauf, der einen temporären Bach anzeigt. Der offizielle Charakter der Karten bedeutet nicht unbedingt, dass sie zuverlässiger sind als OSM. Die Verlässlichkeit von Einträgen bezüglich ihrer Lage ist ähnlich wie auf OSM. Sucht man vergeblich nach einer Quelle, erfährt man von älteren Anwohnern nicht selten, dass sie schon vor langer Zeit versiegt ist oder seit Menschengedenken nie existiert hat. In manchen Gegenden sind Quellen in hoher Dichte erfasst, anderswo fehlen selbst die kräftigsten Exemplare – gerade so, als wäre mittendrin das Geld oder die Motivation ausgegangen, die Karte weiterzuführen.

Die Karten auf Google Maps sind recht genau und zu vielen Quellen und Brunnen gibt es Fotos. Man muss allerdings erst einmal wissen, wo sie liegen, um sie anklicken zu können. Durch geeignete Suchworte kann man Zufallstreffer landen, doch maps ist launisch: je nach Tagesform erhält man beispielsweise beim Suchwort „source ferrugineuse" drei bis fünf Eisenquellen in Frankreich angezeigt, bei „source miraculeuse“ sind es zwei bis fünfzehn Heilige Quellen. Außerdem haben viele Google-Nutzer mit der Verortung ihrer Fotos offensichtlich Probleme. In schwierigem Gelände können schon 100 Meter Abweichung die Quellensuche sehr mühsam machen, tatsächlich sind manche Google-Einträge aber Kilometer weit von der tatsächlichen Position entfernt. Bildet die Quelle den Beginn eines Bachlaufs, kann man ihrer Lage trauen. Falls nicht, geben Satellitenkarten manchmal hilfreiche Details, Quellen und Brunnen mit Namen gleicht man sinnvoll mit OSM oder topografischen Karten ab. Weit zuverlässiger ist die Verortung auf Freizeit-Plattformen wie outdooractive oder komoot, wo man auch manches Quellenfoto findet, das in Google maps fehlt.

Die WASSERWIKI Quellenkarte bildet den kompletten Datensatz ab, der in OSM als „q“ für Quelle, „s“ für spring, als „sorgente“, „fonte“, „source", „fontaine“, „vrelo“, „vrilo“, „izvor“ usw. hinterlegt ist und aktualisiert die Einträge regelmäßig. Zudem ergänzen wir die Karte laufend um neue Quellen, die wir mit Foto und Text vorstellen. Quelleinträge, die sich vor Ort als fehlerhaft herausstellen, löschen wir entweder aus dem Datensatz oder kennzeichnen sie mit einem orangen Punkt als geschlossenen Brunnen - hinter dem sich sehr wahrscheinlich keine Quelle, sondern ein Tiefbrunnen verbirgt.

 

 

Durch Recherchen

 

Viele Quellen und Brunnen haben eine interessante Geschichte, sind von Sagen umwoben oder einfach wunderschön. Klickt man sich durchs Netz, so erfährt man viel über Quellen und Brunnen, man findet da und dort interessante Bilder oder Videos. Macht man sich auf die Suche nach einer ganz bestimmten Quelle, kann die Recherche schnell mühsam werden: auf Fotoportalen und YouTube-Videos fehlen fast immer brauchbare Lagebeschreibungen oder Geodaten, selbst bei Wikimedia Files fehlen sie häufig.

Bei älteren Herrschaften, die dankenswerter Weise ihr Wissen um alte Wunderbrunnen und Sagen zugänglich machen, mag es verständlich sein, wenn man mit historischen Ortsbezeichnungen malträtiert wird, die auf keiner Karte mehr zu finden sind, wenn man vom dritten Apfelbaum nach dem Haus mit Blumenkübeln über eine Orchideenwiese zur großen Tanne geschickt wird, wo man im Wald hochgehen muss ... Ähnliches Gestammel findet sich in vielen Reiseblogs, Reiseforen und selbst in wissenschaftlichen Arbeiten. Im Balkan, wo man es überwiegend mit YouTube-Videos zu tun hat, erfährt man oft nicht einmal, ob das Quellchen denn nun in Kroatien, Serbien oder sonst wo aus der Erde plätschert – ganz abgesehen von den sprachlichen Schwierigkeiten und den Irrungen und Wirrungen, die auch slawische Sprachen für den Begriff der Quelle bereithalten. Was sind Geodaten doch für eine wunderbare Erfindung ...

Macht man sich aus der Vogelperspektive auf Quellensuche, kann man in offener Landschaft oder in sehr lichten Wäldern fündig werden. Zunächst sucht man auf Basiskarten nach dem Ursprung von Fließgewässern, die man sich im Satellitenmodus dann genauer ansieht. Ist die betreffende Stelle verschattet, durch Wolken oder Schnee verdeckt, liegen Fließgewässer trocken oder ist die Satellitenansicht aus anderen Gründen unzureichend, bringt der Wechsel zu anderen Satellitenkarten manchmal brauchbarere Ansichten.

 

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OpenTopoMap, Quellen der Matica in Polje bei Veliki Prolog

 

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mapy.cz, Quellen der Matica in Polje bei Veliki Prolog, Quellbäche trocken

 

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Google maps, Quellen der Matica in Polje bei Veliki Prolog, Quellbäche im Frühjahr mit hohem Wasserstand

 

Diese Art der Suche ist zeitaufwändig, man entdeckt außer Quellen aber auch spannende Fließgewässer, Seen oder Oberflächenprofile, im Balkan beispielsweise riesige Dolinenfelder. Viele Quellen-Kleinode bleiben aber auch mit dieser Art der Suche verborgen.

 

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Google maps, Sinterterrassen an der Krupa

 

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mapy.cz, Dolinenlandschaft bei Tomislavgrad

 

Nicht weniger aufwändig ist die Abfrage der unzähligen Informationen, die das Netz zu Wasser und Quellen (ver)birgt. Während touristische Highlights sich unter den vordersten Suchergebnissen breitmachen, werden die Informationen umso dürftiger, je weiter man sich ins Hinterland oder in wissenschaftliche Tiefen begibt. Quellen sind für die breite Masse der Nutzer keine ausgesprochenen Objekte der Begierde, weshalb sie im Netz ein Mauerblümchendasein führen. Man muss seine Suchanfragen schon kreativ gestalten und Zähigkeit beweisen, man sollte sich nicht von googles Vorschlag „Quelle kaufen“ abschrecken lassen, muss stoisch Unmengen Werbemüll über sich ergehen lassen, um irgendwo in den hintersten Reihen vielleicht doch noch fündig zu werden.

WASSERWIKI versucht mit den Schlagworten, die unter „Weiterführende Informationen“ aufgeführt sind und laufend ergänzt werden, die Recherche rund um Wasser, Quellen und angrenzende Themen zu erleichtern und sie soweit möglich von werblicher Verunreinigung zu befreien. Unser Blick ist dabei nicht nur darauf gerichtet, Informationen und Fachartikel besser zugänglich zu machen, sondern auch Initiativen zur Erhaltung und Renaturierung von Wasserlandschaften und Quellen vorzustellen (damit auch zu würdigen), auf weniger bekannte Wasserlandschaften und so manches Kleinod aufmerksam zu machen und hilfreiche Karten für einzelne Regionen in ganz Europa vorzustellen.

 

 

Im Gelände

 

Wenn man mit offenem Blick auf Straßen, Wegen, Pfaden oder auch weglos unterwegs ist, stößt man durch Zufall auf diesen und jenen Wasseraustritt und kleinen Tümpel, der noch nirgends als Quelle verzeichnet ist. Manches Kleinod lässt sich auch im Gespräch mit Einheimischen finden.

Um aufgrund von Geländeformationen oder Beobachtung der Natur erfolgreich nach Quellen zu suchen, ist ein geschulter Blick notwendig, der sich erst im Lauf der Zeit entwickelt. Es gibt aber hilfreiche Tipps:

  • wo auf etwa gleicher Höhe benachbarte Quellen liegen, hat man es häufig mit einem Quellhorizont zu tun, bei dem es lohnt, nach weiteren Wasseraustritten zu suchen
  • viele Quellen treten aus Grundwasserleitern, die von Fließgewässern aufgeschlossen Oft erkennt man dort auch die dichtenden Sediment- und Gesteinsschichten, auf denen das Wasser unterirdisch entlangläuft
  • Karstquelle treten gehäuft am Fuß von Gebirgsstöcken aus Kalkstein auf, in denen Niederschläge überwiegend versickern
  • Gehölzstreifen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen in geneigtem Gelände markieren oft einen Bachlauf, der seinen Ursprung am Anfang des entsprechenden Grabens hat
  • entdeckt man in einem Bachlauf Kalksinter, so liegt die Quelle (zumeist) nicht weit oberhalb
  • sumpfigen Boden mit Sickerquellen erkennt man im lichten Wald manchmal schon aus einiger Entfernung an hochstehendem Bewuchs mit Binsen, Farn, Wald-Schachtelhalm oder Moosen, die in unterschiedlichen Grüntönen leuchten
  • auf Grünland und an Bergrücken erkennt man vor allem großflächige Sickerquellen am Bewuchs in herbstlichen Braun- und Orangetönen. Im Winter schmilzt der Schnee über Quellarealen schnell
  • folgt man einem Bachlauf – der ja irgendwo seinen Anfang nehmen muss – bergan, so sollte man eine Karte zurate ziehen. Die kleinsten Bäche können einen nämlich an der Nase herumführen und sehr lang sein. Um junge Quellbäche von anderen zu unterscheiden, braucht es viel Erfahrung
  • dem geschulten Beobachter können gehäuft auftretende Ameisenhaufen, fehlwüchsige Bäume oder Nester bestimmter Insekten den Weg zu Quellen weisen.

Viel Spaß bei der Suche also! Damit alle Wassersucher nicht nur mit reichen Eindrücken, sondern auch heil wieder nach Hause kommen, haben wir etwas über Gefahren im Gelände zusammengestellt.

 

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