Uji i Ftohte bei Tepelene
Uji i Ftohte Tepelene
Fährt man auf der SH4 von Tepelene in südlicher Richtung nach Gjirokaster, so verlässt man schon am Ortsrand die Vjosa und fährt weiter am Lumi Drinos, der im griechischen Eprius entspringt, von wo er nach Norden fließt. Nach wenigen Minuten wird es unruhig am Straßenrand, Autos parken, Fußgänger laufen mit Flaschen und Kanistern am Bankett entlang. Verkaufsstände mit Honig, Schleckereien und allerhand Kram reihen sich an Restaurants und Aquarien voller Forellen. Manchmal herrscht ein solcher Trubel hier, dass die Polizei den Verkehr regeln muss. Man ist in Uji i Ftohte, übersetzt beim „kalten Wasser“, das dem ausländischen Touristen unbekannt, jedem Albanern aber ein Begriff ist.
In dem kleinen Naturschutzgebiet Rrepet e Ujit te flohte (übersetzt etwa: Die Flüsse des weichen Wassers), das sich am westlichen Straßenrand die Berge hochzieht, entspringen am Übergang von Kalk- zu Flyschgestein entlang eines Quellhorizonts die vielleicht bekanntesten Trinkwasserquellen Albaniens. Ihr Wasser stammt aus Niederschlägen im östlichen Teil des Kurvelesh-Hochlands (Buza e Bredhit). Einige der ganzjährig schüttenden Quellen sind gefasst und ihr Wasser wird hinab zur Straße geleitet; was nicht in Schläuchen landet, fließt in kleinen Bächen und Wasserfällen hinab zum Drinos.
Die Bewohner des Balkans lieben solche Plätze in malerischer, von alten Bäumen bestandener Landschaft, an denen frisches Wasser im Sommer Kühle spendet – dass daneben eine vielbefahrene Straße entlangführt, stört sie wenig. Die Regierung hob erst 1991 das Verbot von Autos für Privatpersonen auf und noch heute gilt ein Mercedes dem Albaner als Statussymbol und Lieblingsspielzeug. Bedroht ist das Idyll durch eine Baumkrankheit, die seit etwa 2013 im Tepelena-Wald und entlang der Vjosa auftritt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde vor einige Jahren ein Hotel mit wunderbarem Blick über das Tal des Drino gebaut.
Das Unternehmen „Tepelena“ (Fabrika e Ujit Tepelene) füllt das Wasser der Quellen seit 1998 direkt hier am Ort ab und hat es zum meistverkauften in Albanien gemacht. Es wird in mehrere Länder exportiert – selbst in den USA und Kanada bekommt man es zu kaufen. Obwohl Mineralwasser in Albanien selbst nur einen Bruchteil dessen kostet, was man in Mittel- und Nordeuropa zahlt, wurde der Gegend durch diesen Export ihre wichtigste Einnahmequelle erschlossen.
Die Geschichte des Wassers ist eng verbunden mit dem Namen von Ali Pascha Tepelena (https://de.wikipedia.org/wiki/Tepedelenli_Ali_Pascha), der Albanien um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert regierte und die Quellen bekannt gemacht haben soll. Oder war es ein Ali Pasha, der das Land um 800 nach Christus regierte, wie die Firmenbroschüre (engl.) behauptet? Die Verwirrung um die diversen Ali Pascha ist anscheinen nicht nur unter den Fremden, sondern auch unter den Albanern selbst groß. Die Quellen von Rrepet e Ujit te flohte sind hingegen eindeutig: bakteriologisch außerordentlich rein, mit weichem Wasser wie der Name Ujit te flohte zu erkennen gibt, und von wunderbarem Geschmack. Durch seine geringe Mineralisierung eignet es sich zudem für natriumarme Diäten und Entschlackungskuren.
Wenn man zwischen Tepelene nach Gjirokaster unterwegs ist, sollte man hier unbedingt einen Halt einlegen. Einmal die Zeile mit Buden, Lokalen und unzähligen Brunnen entlanglaufen, in Ruhe einen Blick auf den wunderbaren Fluss werfen, sich hinter den Gebäuden auf die Suche nach ein paar der Quellen und Quellbäche machen und ihr Wasser kosten, und schließlich bei einem Kaffee das so typisch albanische Treiben auf sich wirken lassen.
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