Die Naturräume
Plant man einen Natur-Urlaub in Schweden, so hat man zumeist konkrete Vorstellungen davon, ob man wandern, das Land mit dem Rad, einem Boot, dem Auto oder Wohnmobil erkunden möchte. Dabei sollte man sich nicht von dem trügerischen Eindruck täuschen lassen, Schweden sei ein „kleines“ Land. Das mag hinsichtlich seiner etwa 10,5 Millionen Einwohner zutreffen. Die Fläche ist mit 447.435 km² aber um rund ein Viertel größer als die von Deutschland (357.588 km²). Damit wiederum ist die Bevölkerungsdichte mit 24 (Deutschland 237) Einwohner pro km² ähnlich niedrig, wie in den anderen Ländern Skandinaviens und des Baltikums. Die unzähligen Hütten, die in Süd- und Mittelschweden an Küsten, Seeufern, Flüssen oder auch mitten im Wald stehen, täuschen. Die meisten werden nur als Sommerdomizil genutzt.
Die Nord-Süd Achse Schwedens hat eine Länge von immerhin 1.500 Kilometern - von München bis Kiruna, nördlichste Stadt Schwedens, ist man fast 3.000 Kilometer unterwegs. Die Ost-West Achse des Landes misst durchschnittlich nur rund 300 Kilometer, die Wege sind wegen unzähliger Seen und Wasserläufe, die zu umfahren sind, abseits der Schnellstraßen trotzdem weit. So stellt sich die Frage, welche Regionen und Landschaftsformen (http://www.schweden-fans.de/landskap.html) einen am meisten interessierten und auf welche Weise man sich fortbewegen möchte.
links: www.annakarte.com/schweden
rechts: https://commons.wikimedia.org/wiki/Atlas_of_Sweden#/media/File:Map_of_Sweden,_CIA,_1996.jpg
Das Landschaftsprofil ist weit weniger markant und spektakulär als im Nachbarland Norwegen, zu dem hin Schweden entlang seiner Westgrenze ansteigt. Nördlich des Polarkreises erreicht Schweden im Skandinavischen Gebirge mit dem vergletscherten Kebnekaise aber immerhin eine Höhe von 2.097 Metern.
Blick vom Kebnekaise im Juni 2007: https://de.wikipedia.org/wiki/Kebnekaise
Der Verlauf der Schwedischen Küstenlinie ist von den Eiszeiten geprägt – bis heute. Aus der Provinz Södermanland in Mittelschweden weiß man, dass der Eisschild eine Dicke 2.000 Metern erreichte, an anderen Stellen sogar 3.000 Meter. Durch das enorme Gewicht wurden die darunter gelegenen Landmassen des skandinavischen Subkontinents in den zähflüssigen Erdmantel gedrückt. Mit dem Rückzug des Eises in der Weichsel-Eiszeit (https://www.scinexx.de/news/geowissen/letzter-gletschervorstoss-der-eiszeit-schneller-als-gedacht/), die vor rund 10.000 Jahren endete, hoben sich die Landmassen wieder. Die schwedische Küstenlinie hat sich somit nicht nur durch den globalen (eustatischen) Meeresspiegelanstieg von etwa 125 Metern nach dem Abschmelzen der riesigen Eisschilde verändert, sondern auch durch die nacheiszeitliche Hebung der Landmassen, die isostatische Bodenhebung. Sie hat an der Högas Kusten (https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6ga_Kusten) 285 Meter betragen, den weltweit größten bekannten Wert einer Landhebung, was der Küste im Jahr 2.000 den Titel eines Weltnaturerbes einbracht. Noch heute hebt sich Schweden jedes Jahr um etwa acht Millimeter – Schwedens Landfläche wächst also noch immer und es entstehen neue Inseln.
Von diesen Küsten, denen vielerorts zauberhafte Schärengärten (https://visitsweden.de/aktivitaten/natur-outdoor/schwedens-natur/schwedens-scharengarten/) vorgelagert sind, steigt das Land zumeist sanft bis mäßig stark an und auch die leicht hügeligen Moränenlandschaften im Landesinneren erreichen selten Höhen von über 500 Metern. In der südlichsten Provinz Schonen wird auf fruchtbaren Tonböden seit jeher Getreide angebaut. Noch heute gleicht diese Kornkammer Schwedens einem vielfarbigen Flickenteppich. Die letzten Reste der ursprünglichen Natur Südschwedens werden in durchwegs kleinen Schutzgebiete erhalten.
Nördlich schließt sich bis etwa zur Höhe Uppsala eine abwechslungsreiche Mischung aus Landwirtschaftsflächen, Wäldern, überwiegend kleineren Sumpf- und Moorgebieten, Seen, dunklen Fließgewässern und ihren weiß gischtenden Wasserfällen an. Fast alle erstrecken sich in Nord-Süd-Richtung und zeichnen damit die Urstromtäler der eiszeitlichen Gletscher nach, von denen Schwedens Landschaften bis heute wesentlich geprägt ist. Obwohl die Besiedelung in Mittelschweden noch relativ dicht ist, findet man bereits ausgedehnte Gebiete mit kaum berührter Natur, wie das fast 80 km² große Moorgebiet Store Mossen oder Wälder mit Urwaldcharakter und sumpfige Schluchten. Findlinge, Moose, Flechten und Beerensträucher überziehen die Böden im Herbst wie ein bunter Teppich überziehen und geben den alten Wäldern einen mystischen Charakter. Andere Gebiete in Mittelschweden sind von intensiver Waldnutzung (https://forsterklaert.de/schweden) gekennzeichnet. Jedes zweite Fahrzeug auf den Schotterpisten zwischen Kahlschlägen und Monokulturen ist hier ein schwerer Holzlaster.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalparks_in_Schweden
Mehr als 90% der durch Nationalparks (https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalparks_in_Schweden) geschützten Flächen liegen in den sechs nördlichsten Provinzen Schwedens, die etwa zwei Drittel der Landesfläche ausmachen. Hier findet man kaum bewohnte Weiten, die von Bären, Elchen, kleineren Wolfsrudeln und den Rentieren der Samen durchstreift werden – für manchen ein Synonym für die Natur Schwedens. Dabei weisen die Gebiete vom Bottnischen Meerbusen bis zum Skandinavischen Gebirge durchaus vielfältige Landschaftsformen auf. Nördlich des Polarkreises sinkt die Baumgrenze auf etwa 500 Meter, die Wälder werden nach Norden hin immer lichter, die Bäume kleiner, sie sind vom Wind gebeugt, können aber doch ein biblisches Alter erreichen. Zur finnischen Grenze hin schließlich nur noch Tundra, Hochmoore, verlandende Seen und mäandernde Wasserläufe, mindestens sechs Monate im Jahr von Eis und Schnee bedeckt. Im Nordwesten schließlich ragen markante, schneebedeckte Berge aus blankgeschliffenem, uralten Gestein.
Grundwasser
Schweden ist in geologischer Hinsicht ein uraltes Land. Wie in Norwegen, Finnland und den angrenzenden Teilen von Russland wurde der weitaus größte Teil des Gesteinsgrundes in der ersten Entwicklungsperiode der Erde gebildet, einer geologischen Urzeit, noch vor der Entstehung von organischem Leben. Heute spricht man vom Baltischen Schild. Während der folgenden geologischen Erdzeitalter hat sich die Hauptmasse Schwedens als Festland über dem Meeresspiegel befunden. Lediglich der südlichste Landesteil Schonen war während des Erdmittelalters mit Trias-, Jura- und Kreideperiode zeitweise vom Meer bedeckt. Deshalb unterscheiden sich die Gesteine Schwedens von denen der meisten anderen europäischen Länder, wo die Meere während langer Zeiträume teilweise mächtige Schichten jüngerer Gesteinsformationen abgelagert haben.
Obwohl Schweden für seine fast 100.000 Seen bekannt ist, von denen 378 größer als zehn Quadratkilometer sind, obwohl das Land 119 Flüsse, 250 kleine Gletscher und unzählige Bäche hat, lagert auch hier das meiste Süßwasser unter der Erde. Von allen Grundwasserleitern sind die in den uralten Gesteinen des Archäozoikums, aus denen die „Grundplatte“ des Landes besteht, am weitesten verbreitet. Quellen und Brunnen über diesen Gesteinsarten liefern selten mehr als 1 l/s und versorgen allenfalls einzelne Haushalte. Die wichtigsten Grundwasserleiter befinden sich in fluvioglazialen Sand- und Kiesablagerungen, die durch erodierendes Gletscherschmelzwasser entstanden sind. Obwohl sie nur kleinere Gebiete einnehmen, wird aus diesen Ressourcen der überwiegende Teil der schwedischen Bevölkerung mit Trinkwasser versorgt. Moränenmaterial findet man als weiteren Porengrundwasserleiter auf etwa 75 % des Staatsgebietes. Die Ergiebigkeit dieser Ablagerungen kann recht hoch sein, doch werden auch mit Wasser zumeist nur einzelne Haushalte versorgt. Die Porengrundwasserleiter im Sedimentgestein Südschwedens nehmen ebenso wie Karstgrundwasser nur kleine Flächen ein.
Wegen der durchschnittlich geringen Dichte von Besiedlung, Industrie und landwirtschaftlicher Nutzung weist das Grundwasser wenig Schadstoffe auf. Selbst Oberflächenwasser ist in vielen Gegenden Schwedens so wenig belastet, dass es ohne größere Aufbereitung zur Trinkwasserversorgung herangezogen werden kann. Allerdings neigt das Wasser in den karbonatarmen geologischen Formationen Schwedens zur Versauerung (pH-Werte ≤ 5,5). Dazu kann natürliche Verwitterung beitragen, etwa von Pyrit, das unter Mitwirkung von Bakterien Sulfate sowie Eisen- und Wasserstoffionen freisetzt. Die wiederum lösen in Gesteinen enthaltene Schwermetalle. Eine der wesentlichen Ursache für die Versauerung sind in Schweden allerdings schwache organische Säuren, vor allem die Huminsäuren aus Mooren und anmoorigen Gebieten, die man bei vielen Oberflächengewässer an ihrer dunklen Färbung erkennt.
Trotz des natürlichen Wasserreichtums macht sich auch in Schweden der Klimawandel bemerkbar. Nach mehreren trockenen Sommern mit bis zu 30% geringeren Niederschlägen schreckten viele Bewohner im Frühjahr 2017 auf, als besonders im Südosten des Landes Pegel und Grundwasserspiegel markant sanken. Gemeinden untersagten das Bewässern von Grünanlagen, Befüllen vom Pools und Waschen von Fahrzeugen, der Tourismus wurde eingeschränkt und viele private Brunnen mussten tiefer gebohrt werden. Mancher Eigenwasserversorger saß auf dem Trockenen. Auf Süd-Öland brachen die Ernten ein und Milchbauern mussten sich aus Tanks mit Wasser versorgen. Im Jahr 2024, das auch in Schweden überdurchschnittlich niederschlagsreich war, konnten sich die Grundwasserspiegel wieder erholen.
Seen
Seen (www.deutsche-leuchtfeuer.de/schwedische-leuchtfeuer/themen/schweden/schwedische-seen.html) und Seenbereiche nehmen mit mehr als 40.000 km² etwa 9% der Fläche Schwedens ein. Ihre genaue Zahl lässt sich kaum bestimmen, denn sie ändert sich aufgrund von Geländehebungen, Seesenkungen, Erosion und Verlandung ständig. Jedenfalls gibt es fast 100.000 Seen von über einem Hektar Fläche, 23 von ihnen sind über 100 km² groß. Damit toppt Schweden seinen Nachbarn Finnland. Allein die Fläche von Vänern (rund 5.600 km²) und Vättern (rund 1.900 km²) im südlichen Schweden ist zusammen vierzehn Mal größer ist die des Bodensees (536 km²).
Um mit der beeindruckenden Bilanz weiterzufahren: die nördlichste Provinz Norrbotten, in der sich die Gletscher zuletzt zurückzogen, hat 30.730 Seen; nur sechs Gemeinden Schwedens haben keinen See, fünf davon in Skane ganz im Süden; der Vänern ist mit 153 Milliarden Kubikmeter Wasser der wasserreichste, der Hornavan mit 228 Meter der tiefste, der Kaskasjaure auf 1448 Meter der höchstgelegene See. Der durchschnittliche Wasserstand des Vänern wurde 2008 um 15 Zentimeter gesenkt. Hintergrund war eine Überschwemmung im Jahr 2001, als der Wasserstand von Schwedens größtem Binnensee nach einer langen Regenperiode um 1,33 Meter anstieg.
Viele der Seenamen zeugen von der Phantasie frühere Bewohner, wie etwa Klosspussen, Kodöden, Kofarmen, Lushavet, Lortfjärden, Matbyttan, Nödhjälpen, Ormpussen, Oxögon, Odugligsjön, Turbodammen und Volvosjön. Andere verraten oft etwas darüber, wo sich die Seen im Land befinden. Die Endungen -tjärnen und -sjön sind als häufigste Varianten in ganz Schweden vertreten. Namensendungen wie -gölen oder -dammen sind in Südschweden verbreitet, -jaure, -sel und -avan sind typisch für die nördlichen Teile des Landes. Seen mit den Endungen -järvi, -lompolo, -luoppal oder -saivo kommen fast ausschließlich in Norrbotten vor. In einem Gebiet an der Grenze zwischen Skåne, Blekinge und Småland kommt der sonst seltene gyl-Suffix vor, -han ist spezifisch für Härjedalen, Dalarna und Nordvärmland.
Die Typen der Stillgewässer sind unterschiedlich. In den Agrarlandschaften sind es oft nährstoffreiche Flachseen mit relativ geringen Sichttiefe, breiten Schilfgürteln und anderer Ufervegetation. Diese Bereiche standen nach der Eiszeit unter Wasser und die Böden sind deshalb mit Lehm, Ton und kalkhaltiger Erde bedeckt, die den flachen Seen viel Nährstoffe zuführen. Manche sind auch wassergefüllte Krater alter Meteoriteneinschläge, wassergefüllte Kalkbrüche oder Sandgruben. In den letzten Jahrzehnten hat auch hier die Nährstoffzufuhr durch die Landwirtschaft zugenommen. Viele der Seen sind reich an Weißfisch und bieten damit gute Bedingungen für Raubfische wie Hecht, Barsch und Zander.
Die Seen in höheren Waldgebieten haben wegen der umgebenden Moorgebiete oft eine rötlichbraune Humusfärbung. Die Nadelwälder in dieser hügeligen Landschaft sind reich an Wildtieren, Pilzen und Beeren, viele erstrecken sich bis an die Seeufer. Unzählige dieser Waldseen sind klein und flach, ihre Ufer sind sumpfig und sie verlanden zusehends. Klares Wasser mit Sichttiefen über einen Meter haben nur manche der größeren und tieferen Waldseen. Ihren ursprünglichen Charakter am besten bewahrt haben die tiefen und klaren Gebirgsseen mit zumeist artenreicher Flora und Fauna.
Das größte Problem sind versauernde Seen. Früher hatte Schwedens Oberflächenwasser einen pH-Wert zwischen 6-7,5. Heute ist er bei manchen Gewässern ≤ 5,5, wozu neben den geologischen Gegebenheiten und Huminsäuren auch der saure Regen beiträgt, der sich bis nach Lappland bemerkbar macht. Kein anderes Land der Welt betreibt ein so umfassendes Kalkungsprogramm wie Schweden. Um dem Versauern der Gewässer entgegenzuwirken werden den Seen große Mengen Kalk und Carbonat zugeführt, teilweise mit Hilfe von Hubschraubern. Eine Nudelfabrik bringt ihre Eierschalen im Winter auf zugefroren Gewässern aus. Mehr als die Hälfte der Seen, die Ende der 70er Jahre versauert waren, haben so mittlerweile ihren normalen PH-Wert zurückbekommen.
Flüsse
Von den 119 Flüssen Schwedens (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Fl%C3%BCsse_in_Schweden) münden 58 in den Bottnischen Meerbusen und 35 in die Ostsee. Die restlichen verteilen sich auf Öresund, Kattegat, Skagerrak und Atlantik. Viele haben ihren Ursprung nicht in Quellen, sondern sie beginnen mit dem Ablauf eines Sees. Die Länge der Flüsse ist durch die geografische Form des Landes zwischen Norwegen im Westen und dem Meer im Osten, Süden und Südwesten eingeschränkt. Der Klarälven im zentralen westlichen Teil Schwedens gilt mit einer Länge von 720 Kilometern als längster Fluss Schwedens, erreicht diese Länge aber nur zusammen mit seinem Oberlauf in Norwegen. Auf Teilen der 460 Kilometer langen Strecke in Schweden wird er bis heute von Flößern genutzt, die für die Holzindustrie oder den Tourismus tätig sind.
Bedeutung für die Binnenschifffahrt und die Stromerzeugung hat der aus dem See Vänern abfließende, 93 Kilometer lange Göta Älv. Er ermöglicht in Verbindung mit dem Trollhätte-Kanal die Schifffahrt zwischen dem See und Göteborg am Kattegat und es werden vier liegende Laufkraftwerke an seinem Ufer betrieben. Einer der bekanntesten Lachsflüsse, der jedes Jahr Angler aus vielen Ländern anzieht, ist der 185 Kilometer lange Mörrumsan in Südschweden, der auf seinem Weg in die Ostsee mehrere Seen passiert. Die unterschiedlichen Klimazonen des Landes wirken sich auch auf die Angelsaison in den fischreichen Gewässern Schwedens aus. Im flachen, grünen Süden und dauert sie gewöhnlich das ganze Jahr über, im waldreichen Mittelschweden von April bis November, im Norden von Mai bis Oktober.
Hoch im Norden speichern während der langen Wintermonate mehr als 250 zumeist kleine Gletscher (der Stourrajekna als größter hat 12,75 km² Fläche) und Schneedecken die Niederschläge. Wassermengen und Fließgeschwindigkeit der Flüsse nehmen ab und viele sind mit Eis bedeckt. Mit der Schneeschmelze schwellen sie über Wochen stark an und setzen ganze Landstriche unter Wasser. Wegen der geringen Besiedlungsdichte konnten sie trotzdem über lange Strecken ihren ursprünglichen Charakter bewahren. Der Torneälv mit seinen gewaltigen Stromschnellen und der Kalixälven gehören zu den letzten Wildflüsse Europas und der nur 75 Kilometer lange Rapaälven, der den Nationalpark Sarek entwässert, ist einer der großartigsten.
Rapadelta im Sarek Nationalpark
Die vier kleineren Flüsse, aus denen er entsteht, werden aus 30 Gletschern gespeist, weshalb der Rapaälven pro Jahr an die 180.000 Tonnen Gletscherschutt mit sich führt, die er in zwei Deltalandschaften ablagert und dabei die Landschaft ständig verändert.
Quellen (Schwedisch Källa)
(https://www.tidskriftenvatten.se/wp-content/uploads/2017/04/48_article_4742.pdf)
Auf der Quellenkarte des SGU (apps.sgu.se/kartvisare/kartvisare-kallor.html) können zu vielen der Quellen Schwedens neben ihrer Position auch Informationen über geologische Gegebenheiten, Wassertemperatur, pH-Wert und Schüttung abgerufen werden. Ihr Charakter spiegelt die geologischen Gegebenheiten der jeweiligen Landschaft wider. Die meisten Quellen liegen der südlichen Landeshälfte, sie steigen aus karbonatarmen Moränen und Sedimentablagerungen auf und treffen an der Oberfläche auf moorige und anmoorige Böden, was ihr Wasser sauer macht und ihm häufig eine rötlichbraune Färbung verleiht. Während die Austrittstemperaturen im Süden zwischen 8°C und 11°C liegen, erreichen sie im Norden nur 4°C bis 6°C.
Viele der starken Quellen werden zur Trinkwasserversorgung genutzt und liegen in geschlossenen Brunnenhäusern. Ungefasste Quellen und Quelltümpel mit einer Schüttung von mehr als 10 l/s bilden ebenso eine Ausnahme wie Karstquellen. Und Schwedens Quellen verstecken sich gut. Während nämlich in vielen Teilen Europas das Wegenetz entlang von Quellen verlaufen ist und viele deshalb noch heute gut zugänglich sind, liegen sie in Schweden zumeist als kleine, umgefasste, häufig abflusslose Wasserlöcher irgendwo in der Wildnis. Selbst wenn man ihre ungefähre Lage kennt, ist es in den weglosen Wäldern und Sumpfgebieten oft mühsam bis unmöglich, sie zu finden. Vermutlich wurden viele der Quellen Skandinaviens noch gar nicht entdeckt. Wegen ihres zudem unspektakulären Erscheinungsbildes kennt sie nur, wer ein Sommerhäuschen oder einen Einödhof mit ihrem Wasser versorgt oder sonstigen Gebrauch von ihnen macht. Entsprechend gibt es auch nur zu wenigen Quellen Fotos oder sonstige Informationen im Netz. Allerdings gibt es in Schweden eine zwar kleine, aber gut vernetzte und aktive Gemeinde von Quellenfreunden, auf deren instruktiver Seite (kallakademin.se) man von Jahr zu Jahr mehr Informationen findet.
Recht viele der Wasseraustritte haben einen erhöhten Eisengehalt. Der färbt das Wasser zwar rostrot, ist allerdings selten so hoch, dass sich schichtdicke Ablagerungen aus rostrotem Eisenoxid bzw. Ocker bilden. Wegen der ähnlichen Farbe lassen sich Eisenquellen oft nur am Geschmack von solchen mit hohem Gehalt an Humisäuren unterscheiden. Ein weiteres Indiz sind schillernde Filme auf der Wasseroberfläche, die von eisenliebenden Bakterien herrühren. Schwefelquellen hingegen gibt es kaum und auch die Mineralwässer, die im 19. Jahrhundert analysiert und bis ins 20. Jahrhundert für Heilzwecke angewendet wurden, konnten die Schweden anscheinend nicht dauerhaft überzeugen. Während sich die Tradition des Kaltwasserbadens bis heute hält, mussten die alten Kurorte ihren Betrieb schon vor vielen Jahrzehnten einstellen. Einige bieten ihr Wasser noch in kleinen Thermen an, andere vermarkten es in Flaschen. Eine der bekanntesten Marken ist der Ramlösa Hälsobrunn aus Helsingborg, heute Teil des dänischen Carlsberg-Konzerns. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an abgefülltem Wasser liegt in Schweden allerdings bei lediglich zehn Litern, in Deutschland ist er zwölfmal so hoch.
Heilige Quellen
(https://lex-dk.translate.goog/helligkilde?_x_tr_sl=da&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=sc)
Ganz anders stellt sich die Situation bei den Heiligen Quellen dar, die in Schweden heute noch bekannt sind. Es dürften weit über hundert sein, viele von ihnen mit artesischem Ursprung. Als „Opferbrunnen“ (Offerkälla), „Dreifaltigkeitsquelle“ (Trefaldighetskälla), „Midsommarkällor“, „Sankt-Olavs-Quelle“, „Sankt-Brigida-Quelle“ oder unter anderen Heiligennamen haben manche bis heute eine lebendige Tradition, die eng mit der Geschichte Schwedens (de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Schwedens) zusammenhängt. Die meisten liegen gut zugänglich an den alten Pilgerwegen, die seit den 1990-er Jahren auch in Skandinavien eine Renaissance erfahren.
In heidnischer Zeit waren viele der späteren Heiligen Quellen wichtige Ritualplätze, an denen ein ganzheitliches Naturverständnis seinen religiösen Ausdruck fand und zelebriert wurde. Während diese Quellen in den meisten Gegenden von der Kirche bald zu Orten der Heiligen- und Marienverehrung stilisiert wurden, blieben sie in Skandinavien weiterhin auch Orte der Naturverehrung. Das mag damit zusammenhängen, dass sich die Christianisierung hier in abgelegenen Regionen bis ins 14. Jahrhundert hinzog. Man war zwar bereit, den Glauben an den einen Gott, an die Heilkraft des Wassers und an Quellwunder anzunehmen, den die Missionare ins Land brachten. Die Überzeugungen des alten Glaubens blieben aber immer präsent, wie uns Mythen und Märchen (kulturminnet.wordpress.com/page/44/) offenbaren, die ihren Ursprung in dieser Zeit des Übergangs haben.
Zu Dreifaltigkeitsquellen (kulturminnet.wordpress.com/2022/06/10/offerkallor-midsommarkallor-och-trefaldighetskallor) etwa wurden nur solche gekürt, die nach Norden abfließen. Von dort nämlich kamen im alten Glauben Krankheit, Kälte und alles Übel - und dem Wasser der Ritualquellen wurde die Aufgabe zugedacht, es dorthin zurück zu spülen. Zu Johanni, im Christentum Geburtstag des Täufers und von den alten Religionen als längster Tag des Jahres gefeiert, trifft man sich noch heute zur Mittsommer-Nacht an manchen der Quellen, um das Fest mit traditionellen Tänzen und Liedern zu begehen. Man nahm an, dass die Wirkkraft des Heilwassers in dieser Nacht am stärksten sei. Getrunken werden durfte das Quellwasser nur aus neuen Tonschalen, die danach zerschlagen wurden, um widrige Energien zu bannen, die sich festgesetzt haben konnten. Auch das Quellopfer als ursprünglich heidnischer Brauch hat sich vielerorts bis heute gehalten. Interessanterweise wurden diese Bräuche in Skandinavien auch nach der Reformation weitergeführt, die katholische Heiligen- und Quellenverehrung ebenso wie Wallfahrten entschieden ablehnte. In Deutschland beispielsweise ist das Wissen um die Heiligen Quellen in vielen reformierten Gebieten fast vollständig verloren gegangen.