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Ein Karstphänomen: Die Quellen der Touvre 



Die Sources de la Touvre sind Ursprung des nur knapp zwölf Kilometer langen Flusses Touvre. Wenn man sie bei dem richtigen Wasserstand zu sehen bekommt, gehören sie zu den schönsten Karstquellen Frankreichs. Ihre Gesamtschüttung beträgt durchschnittlich 13.300 l/s, der Wasserausstoß variiert dabei zwischen 7.000 l/s und 17.600 l/s, wie man seit 1919 am Abfluss der Touvre ermittelt. Damit bilden le Dormant (der Schläfer), le Bouillant (der Kochende), Font de Lussac und La Leche zusammengenommen nach der Fontaine de Vaucluse nördlich von Marseille die zweitstärkste Quelle Frankreichs. Ihre Wassermassen ermöglichen es, dass der Fluss Charente ab der Touvremündung bei Angoulême bis zum Ozean schiffbar ist.

 

http://montotem.free.fr/latouvre_fichiers/image002.jpg

Lage der vier Quellen

GC28Q0K Les sources de la Touvre (Earthcache) in Nouvelle-Aquitaine, France  created by MAJU38

 

Schnittschema mit vermuteten Wasserzuläufen

 

Die landschaftlich sehr schön gelegenen Quellen sind auf einer Nord-Süd-Achse von 850 Meter Länge angeordnet. Der Bouillant ist 15 Meter tief und sein Wasser wird zur Trinkwasserversorgung der Metropolregion Angoulême genutzt. Der Dormant hat eine Tiefe von etwa 25 Metern, Font de Lussac ist zwar nur viereinhalb Meter tief, für ihre Kluft vermutet man aber eine Gesamttiefe von 150 bis 200 Metern. La Lèche als südlichste ist nur wenige Meter tief und verliert sich darunter in einem Geröllkegel. Ihr Wasser vereint sich mit dem Bach L'Echelle, mit dem zusammen sie 700 Meter weit nach Norden in den großen Teich fließt, zu dem die Touvre-Quellen angestaut werden und der bei

durchschnittlichen Niederschlägen die drei nördlichen Wasseraustritte überspült. Deren Lage, Größe und Form erkennt man dann nur an der Farbe ihres Wassers, das in Blau- und Grüntönen leuchtet und an den kräftigen Wasserpflanzen, die an den Rändern der Quelltöpfe wuchernd gedeihen. 

Nach starken Niederschlägen trübt sich das Wasser hingegen mit Sedimenten ein. Dann erkennt man die Austritte an der Oberfläche am Brodeln des unter Druck aus der Tiefe aufsteigenden Wassers. Besonders le Bouillant fängt dann zu „kochen“ an, woher er auch seinen Namen bezieht. Wenn andererseits im Sommer die Niederschläge ab- und die Sonnenstunden zunehmen, bilden sich Algenteppiche an der Oberfläche und ab dem Spätsommer trocknet der Teich mitunter fast vollständig aus. Dann ist nicht nur die Trinkwasserversorgung gefährdet, sondern auch die Aquakultur am unteren Teil des Teiches kämpft um das Überleben ihrer Fische



1755: Das Erdbeben von Lissabon

 

Von Font de Lussac und Leche wird angenommen, dass sie 1755 im Zusammenhang mit einem verheerenden Erdbeben entstanden sind. Das zerstörte am Allerheiligentag weite Teile der reichen Stadt Lissabon, löste einen Tsunami aus, der noch auf Martinique und Barbados Schäden anrichtete und könnte bis zu 100.000 Menschen das Leben gekostet haben. In einem aus Angoulême erhaltenen Brief heißt es, dass an diesem Tag ein unterirdisches Grollen zu hören gewesen sei, sich bald darauf die Erde auftat und ein mit rotem Sand beladener Bach herausfloss. An mehreren Quellen in der Umgebung sei das Wasser zunächst so stark zurückgegangen, dass man glaubte, sie würden trockenfallen. Auch das Wasser der Charente sei plötzlich stark gesunken, um bald darauf allerdings zu außergewöhnlicher Höhe anzusteigen.

In ganz Europa war das Beben zu spüren - selbst im entfernten Luxemburg stürzte eine Kaserne ein und begrub Soldaten unter sich. Auch in Teilen Deutschlands scheinen sich die hydrogeologischen Verhältnisse im Untergrund mit dem Ereignis geändert zu haben. Mehrere Heilige Quellen, die in den Mirakelbüchern verzeichnet sind, wodurch man relativ gute Kenntnisse über sie hat, versiegten mit dem Lissaboner Beben, an anderen Stellen erschienen neue Quellen, so wird berichtet.



Unterirdische Wege des Wassers

 

Die Sources de la Touvre sind nicht nur schöne Quellen, sondern sie haben auch schon früh die wissenschaftliche Neugier der Menschen geweckt. Der französische König Franz I. soll im Jahr 1526 einen zum Tode Verurteilten in einer Art Taucherglocke hinab in den Quelltopf geschickt haben, um dessen Tiefe zu erkunden. Versprochen wurde ihm die Begnadigung, geholt hat er sich allerdings dann doch den Tod – vermutlich durch die damals noch unbekannte Taucherkrankheit.  

Schon damals wurde vermutet, dass die Touvre-Quellen mit dem Wald von Braconne in Verbindung stehen könnten, an dessen Rand sie liegen und der Teil des mehr als 400 Quadratkilometer großen Karstgebietes La Rochefoucauld im Département Charente ist. Der flachliegende Kalkstein aus dem mittleren bis oberen Jurazeitalter hat sich hier direkt auf dem kristallinen Grundgebirge des Massif Central abgelagert und ist bereits stark gealtert. So gibt es auf dem Gebiet des Forstes etwa 15 Einsturzdolinen (Fosse), darunter sehr große wie die Grande Fosse (45.762850, 0.279250) mit 55 Meter Tiefe und 230 Meter Durchmesser oder die fast ebenso große Fosse de l’Ermitage (45.674600, 0.311133).

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Luftbilder Grande Fosse

 

Zudem trifft man in dem Gebiet auf zahlreiche andere Geländeformen des Karstes wie Klüfte, Schachthöhlen, Trockentäler und Schwinden (Gouffre), die sich auch in den östlich angrenzenden, offenen Flächen fortsetzen. Manchen Flüssen geht das Wasser in ihren Betten nach und nach verloren, oft in kleinen Höhlen an ihren Ufern oder in Klüften auf ihrem Grund. Andere verschwinden mit einem Schlag in den komplexen Höhlensystemen der Tiefe, so wie der Bandiat mit seinem beeindruckenden Schluckloch Perte de Chez Roby (45.709613, 0.337803), das ihm so viel Wasser entzieht, dass er im Sommer ab hier trocken liegt. Nur nach starken Niederschlägen, wenn die Höhlen unter den Schwinden wegen Engstellen, verkeiltem Holz oder sogar Müll randvoll sind und nichts mehr aufnehmen können, fließt ein Teil des Wassers in den oberirdischen Betten.



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Schwinde Bandiat, Gouffre Trockenes Flussbett des Bandiat

 

Die unterirdischen Wasserverläufe wurden hier in Braconne schon früh von Hydrogeologen durch Einfärben des Wassers untersucht und von Höhlenforschern, die mittlerweile bis zu 200 Meter tief in die Höhlensysteme vordringen konnten, weshalb die Systeme heute vergleichsweise gut bekannt sind. 

 

Coupe 2017 -197m

 

Nach diesen Erkenntnissen stammen geschätzt etwa 50% des Wassers, das an den Sources de la Touvre austritt, von Verlusten der Flüsse Tardoire und Bandiat in Nordosten, zum kleinen Teil auch der Bellonne, die bei La Rochefoucauld über 20 Kilometer entfernt von den Touvre-Quellen fließt. Aus südlicher Richtung werden kleine unterirdische Zuflüsse der Echelle vermutet, die aber ganzjährig vor allem oberirdisch in den Quellteich der Touvre fließen. Den Rest speisen Niederschläge ein, die in den karstigen Böden des Einzugsgebietes direkt in den unzähligen Dolinen, Spalten und Rissen versickern.

Bei Agris zeigt die Karte des französischen Geoportals am Fluss Tardoire sieben Stellen mit Wasserverlusten (Gouffre), während der Bandiat (Karte unten, links) die Landschaft hier als zumeist trockenes Bett durchzieht.  

 

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Bekanntester Einstiegsschacht zu den unterirdischen Höhlensystemen ist Fosse mobile (45.776667, 0.310700) unweit vom Dorf Agris. An einer unscheinbaren Öffnung im Wald führt ein Schacht 75 Meter tief hinab, weshalb die Höhle professionellen Forschern vorbehalten ist. Unten werden sie mit Tropfsteindomen und einem verzweigten Netzwerk unterirdischer Gänge von mehr als acht Kilometer Länge belohnt, sowie mit jenen Grundwasserseen und Bächen, aus denen sich die Touvre-Quellen speisen. 

 

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                       Einstieg Fosse mobile Unterirdische Zuläufe der Touvre-Quellen

 

Die Ursache, dass all dieses Wasser an den Quellen der Touvre aus dem Höhlensystem an die Oberfläche steigt, ist die Echelle-Verwerfung. Hier stößt das Wasser an eine mächtige Schicht aus undurchlässigem Mergel des unteren Kimmeridgiums (Bild unten, linker Bildrand) und zwingt es so, an die Oberfläche zu steigen.

 

Les grottes-labyrinthes du karst de La Rochefoucauld - ppt video online  télécharger

 

Weitere Fotos zu den Quellen finden sich auf unserer Quellenkarte.

 

https://fr-m-wikipedia-org.translate.goog/wiki/Sources_de_la_Touvre?_x_tr_sl=fr&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=sc

https://touvre-net.translate.goog/spip.php?article68&_x_tr_sl=fr&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=sc

https://de.wikipedia.org/wiki/For%C3%AAt_de_la_Braconne

http://congres2009.ffspeleo.fr/cavite_fosseMobile.php

https://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben_von_Lissabon_1755

https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=Xh4kmlWxWkE

https://subaqua.ffessm.fr/dossier/les-sources-de-la-touvre/

 

Bilder

Flussbett des Bandiats bei Rivières

https://de.wikipedia.org/wiki/Karst_von_La_Rochefoucauld#/media/Datei:Bandiat_rivieres3.JPG

Eingang Foss mobile

https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Fichier:Braconne_fosse_mobile2.JPG

Grande fosse

https://de.wikipedia.org/wiki/For%C3%AAt_de_la_Braconne

Bandiat Schwinde

https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Fichier:Bandiat_vaures5.JPG