Die Farben des Wassers
Wenn alle gelösten Mineralstoffe, Spurenelemente und Verunreinigungen entfernt wurden ist Wasser vollkommen klar und ohne jeden Geschmack - zumeist wird der Geschmack von solchem Wasser als "fade" wahrgenommen. Und wie sieht es mit den Farben des Wassers aus?
Ohne Licht (k)eine Farbe
Ohne Licht hat Wasser keine Farbe. In Tiefen von 100 bis 200 Metern wo kein Sonnenlicht mehr hindringt ist es stockdunkel, auf unserer Farbskala schwarz. Wasser, in dem winzige und transparente Einzeller namens "Pyrocystis lunula" leben, erhält durch deren Biolumineszenz allerdings auch bei vollkommener Dunkelheit ein neonblaues Leuchten sobald es in stärkere Bewegung gerät.
An der australischen Küste werden Steine ins Meer geworfen
Die "Meeresleuchttierchen" treten in nährstoffreichem Wasser auf und haben wie viele andere Lebensformen gelernt, mit Hilfe chemischer Prozesse Licht zu erzeugen durch das sie sich mit einer Art "Alarmanlage" vor ihren natürlichen Fressfeinden schützen.
Die Biolumineszenz der Meerestiere
Die Farben des Leuchtens sind so unterschiedlich wie die Lebewesen die Biolumineszenz erzeugen. Vom transparenten Wasser wird ihr Licht geleitet
Reines Wasser ist blau - allerdings sehr schwach
Farben sind das Ergebnis der Wechselwirkung auftreffender elektromagnetischer Strahlung (Licht) mit den Atomen oder Molekülen eines Mediums. Der Mensch nimmt Licht mit Wellenlängen zwischen 350 Nanometern (violett) und 750 Nanometern (rot) wahr. Ungefiltertes Sonnenlicht umfasst das gesamte Spektrum dieses Wellenlängenbereichs und wird als weiß empfunden. Erst wenn diesem weißen Licht bestimmte Wellenlängen entnommen werden, entstehen Farbeindrücke.
Richtig nehmen wir wahr, dass reines Wasser transparent ist. Ein anderer Eindruck hingegen trügt: auch wenn wir es in unserem Trinkglas als farblos wahrnehmen hat Wasser doch einen leichten Blauschimmer wie sich in einer Versuchsanordnung feststellen lässt.
Füllt man reines Wasser in ein langes transparentes Rohr und stellt es in weißes Licht, so kann man die leichte Färbung erkennen, wenn man in Längsrichtung hindurchschaut, jedoch nicht wenn man quer durch das Rohr blickt. Die Erklärung hierfür liefert der Umgang des Wassers mit dem Licht, den die Physik mit den Begriffen der Adsorption, Streuung und Reflexion beschreibt.
Adsorption und Streuung des Lichts im Wasser
Für Menschen sichtbares Licht macht nur einen winzigen Teil des Spektrums elektromagnetischer Wellen aus. Betrachtet man die Wellenlängen die zwischen mehreren hundert Metern (Radiowellen) und einem Milliardstel Meter (kosmische Höhenstrahlung) liegen so findet man das optische Spektrum mit 365 und 765 Nanometern etwa in der Mitte.
Licht wird von Wassermolekülen absorbiert, das heißt in Wärme umgewandelt. H2O absorbiert Licht im sichtbaren Spektralbereich allerdings nur sehr schwach und wird daher als transparent und farblos angesehen. Das Maß für die Schwächung von elektromagnetischen Wellen durch ein Medium wird in der Physik als Extinktionskoeffizient bezeichnet. Er nimmt bei Wasser im roten sichtbaren und im nahen Infrarotbereich leicht zu. Langwelliges (rotes) Licht wird daher stärker absorbiert als kurzwelliges (blaues) Licht.
Streuung tritt an Materieteilchen auf, deren Durchmesser im Bereich der Wellenlänge des auftreffenden Lichts liegt. Ein solches Teilchen strahlt dann eine gestreute Lichtwelle in alle Richtungen ab. Die Energie für die gestreute (sekundäre) Welle wird der auftreffenden (primären) Welle entnommen, die danach in geschwächter Form das Medium weiter durchläuft.
Ist der Durchmesser des Teilchens sehr viel kleiner als die Wellenlänge des Lichts, spricht man von der "Rayleigh-Streuung". Die Intensität des gestreuten Lichts hängt dabei vom Kehrwert der vierten Potenz der Wellenlänge ab. Blaues Licht wird deshalb etwa fünfmal stärker gestreut als rotes. Diese Rayleigh-Streuung ist es auch die für die 'Blaufärbung des Himmels sorgt.
Haben die Wassermoleküle den roten Spektralanteil des weißen Sonnenlichts absorbiert so streuen sie die komplementären blauen Anteile diffus in alle Richtungen, so dass ein Teil aus dem Wasser heraustritt. Dieser durch das Wasser erzeugte Streulichteffekt ist allerdings so schwach, dass er für das menschliche Sehen bei Tropfen, Pfützen und anderen flachen Wasserkörpern nicht wahrnehmbar ist.
Dünne Schichten aus Wasser erscheinen farblos
Auch bei Wasserdampf, Wolken oder Gischt ist das Wasser nicht genügend kompakt um einen Blauschimmer erkennen zu lassen. Ihre Farbe wird stark vom Umgebungslichtes beeinfluss. Wenn die Sonne steil einfällt wird von den Wassertröpfchen weißes Licht reflektiert und gestreut, wenn sie schräg steht und ihr Licht sich in den Gasschichten um die Erde verändert dominieren Rot- und Gelbtöne.
Wasserdampf über dem Vulkan Ätna, Italien |
Wolken im nächtlichen Sonnenlicht, Finnland |
Weiße Gischt, Südküste Island
Unter bestimmten Voraussetzungen kann Wasserschaum wie Seifenblasen in allen Regenbogenfarben schillern. Voraussetzung ist dass er weniger als ein tausendstel Millimeter dünn ist und damit ungefähr so dick wie die Wellenlängen des Lichtes. Bei der Reflexion des Lichtes an der inneren und äußeren Schicht überlagern sich die unterschiedlichen Lichtwellen. Damit werden – je nach Dicke der Wasserhaut – bei der Reflexion einzelne Farben des Lichtes ausgelöscht oder verstärkt. Die Gegenfarbe der ausgeblendeten Farbe wird damit für unser Auge sichtbar. Wird etwa Grün durch die Reflexion ausgeblendet, schillert die Seifenblase an dieser Stelle rot.
Polarisiertes Licht auf Schaum an einem Nordseestrang, ohne Polfilter fotografiert
Mit zunehmender Strecke, die ein Lichtstrahl durch Wasser zurücklegt, werden dann immer mehr rote Lichtanteile absorbiert und blaue gestreut. Bei einem Tauchgang verschwinden deshalb mit zunehmender Tiefe zuerst die roten, dann die gelben, grünen und schließlich die blauen Farben bevor am Ende Dunkelheit herrscht.
In der Weite wie in der Tiefe verlieren sich die Farben unter Wasser immer mehr im Blau.
Unterwasserkameras versuchen der Veränderung des Lichtspektrums gerecht zu werden indem sie bestimmten Korrekturen vornehmen um auch Farben außerhalb des Blaubereiches möglichst kräftig und "natürlich" erscheinen zu lassen. Während das an der Wasseroberfläche noch recht gut funktioniert kann in größeren Tiefen selbst hochwertige Technik nur noch verschiedene Abstufungen von Blau erzeugen.
Wer sich für die Farbenvielfalt interessiert die hochprofessionelle Unterwasserfotografie möglich macht sei an den Schweizer Michael Roggo verwiesen der sich auf Süßwasser und die Unterwasserwelt des Karstes spezialisiert hat. Er macht diese faszinierende Welt zugänglich die viel weniger bekannt ist als die Tiefen des Meeres.
Blickt man von oben auf eine Wasserfläche so lässt sich ein ähnlicher Effekt beobachten wie beim Versuch mit dem transparenten Rohr. Bei Süss- wie Salzwasser dominieren im Flachen zunächst die Farbe des Untergrunds. Das Blau als Eigenfarbe des Wassers wird umso intensiver je mehr gestreutes Licht die Oberfläche des Wasserkörpers verlässt, je tiefer das Wasser also wird.
Karstfluss Cijevna, Montenegro |
Halbinsel bei Taormina, Italien |
Ein reflektierender Untergrund wie heller Sand kann den Farbeindruck noch verstärken. Besonders eindrucksvoll wird das bei klaren Karstwässern, an flachen Mittelmeerstränden oder Südseeatollen sichtbar.
Je kräftiger die Eigenfarbe des Untergrunds ist und je näher er an der Wasseroberfläche liegt umso mehr nimmt er Einfluss auf den Farbeindruck des Wassers.
Fluss Verzasca, Schweiz
Die Natur hat sich an die verschiedenen Farbspektren und die Intensität von Licht angepasst. In jeder Wassertiefe sind unterschiedliche Lebensformen und Organismen anzutreffen. Die große Lichtdurchlässigkeit des Wassers ermöglicht bis in Tiefen von etwa 200 Metern (im sog. Epipelagial) die Existenz von Algen, Seegras, Cyanobakterien und anderen Lebensformen, die Licht zum Leben benötigen.
Jüngst hat man herausgefunden, dass es sogar in 2.400 Metern Meerestiefe Bakterien gibt, die wie Pflanzen Licht zur Energiegewinnung nutzen. Statt Sonnenlicht fangen bestimmte grüne Schwefelbakterien über ein ausgeklügeltes Antennensystem die schwachen Strahlen heißer Tiefseequellen für ihre Photosynthese ein.
Adsorption des Lichts in Wasser mit gelösten Mineralstoffen
Enthält Wasser viele Nanopartikel die sich nach Definition im Bereich von etwa 1-100nm (1nm ≙ 10−9 Meter) bewegen so nimmt dies nach der Gesetzmäßigkeit der Rayleigh-Streuung Einfluss auf seine Farbe. Im Sinn der Kolloidchemie handelt es sich bei Wasser mit solchen nicht gelösten Nanopartikeln um eine Dispersion und - im flüssigen Medium Wasser - um eine Emulsion.
In Deutschland ist eines der bekanntesten Beispiele für Farbenspiele die von solchen Nanopartikeln erzeugt werden der Blautopf, eine Karstquelle die viele solcher winziger Kalkpartikel aus dem Gestein der Alb gewaschen hat und in dispergierter Form ans Sonnenlicht trägt. So erscheint das Wasser der Quelle je nach Witterung und Lichteinfall in Farbtönen die von grün über blau bis zu einem leichten violett reichen und es ist von ganz unterschiedlich starker Leuchtkraft.
Im Karst sind es zumeist Kalkpartikel aus Calcium und Magnesium die dem Wasser eine grüne bis türkise Färbung verleihen. An manchen klaren Gewässern ist diese Farbe so stark, dass sie fluoreszierend und fast unwirklich erscheint. Bekannt dafür ist beispielsweise der Fluss Soca an seinem Oberlauf in Slowenien.
Kleine Soca-Klamm, Slowenien
Interessant ist, dass dieser Effekt selbst dann auftreten kann, wenn Wasser so viele Partikel und Sedimente enthält, dass es dadurch eingetrübt ist und "milchig" erscheint.
Glasklar der Chaumasee, Schweiz |
Von Sedimenten eingetrübt der Lago di Barcis, Italien |
Künstlicher See am Langen Köchel, Murnauer Moos, an dem früher Glaukonit-Quarzsandstein abgebaut wurde
Im vulkanischen Island sind es häufig nanoskalige Silikatpartikel die den thermalen Wässern eine vergleichbare Farbe geben, in Mitteleuropa erhalten warme Quellen ein ähnliches Aussehen oft von Gips der schwefelige Anteile enthält.
Thermalwasser aus Quellen mit Silkaten, Blue Lake, Nordisland mit dem Meer dahinter als Farbkontrast
Thermalwasser der Quellen von Saturnia mit Schwefel und Mikroalgen, Saturnia
Schwefelhaltiges Thermalwasser Terme di Cotilia Italien |
Parco Lavino Italien |
Licht und Schatten
Wer mit einer herkömmlichen Kamera fotografiert kennt den sogenannten Weißabgleich. Er dient dazu die Farbtemperatur des Lichts am Aufnahmeort anzupassen und ist relevant für jede Aufnahmesituation und jedes fotografierte Objekt. Die Werte der Farbtemperatur werden in Kelvin gemessen und variieren für Tageslicht, Kunstlicht von Glühlampen oder Leuchtstoffröhren, bewölkten Himmel oder Schatten stark.
Weißabgleich am Beispiel einer Lilie
Dabei sind die "Sehgewohnheiten" der Betrachter durchaus unterschiedlich. Während der eine "kühlere" Farben (wie im Bild oben links) als "natürlicher" ansieht entscheidet sich der andere für die "wärmeren".
Bei Aufnahmesituationen an natürlichen Gewässern ist insbesondere die Bedeckung des Himmels und die Licht-/Schattensituation ausschlaggebend. Bewölkter Himmel vermindert das Sonnenlicht umso mehr je dichter die Wolken sind. Wasseroberflächen verlieren mit abnehmendem Licht zunehmend ihre Farben und werden immer dunkler.
Chiemsee bei aufziehendem Gewitter
Dunkles Meer auf dunklem Gestein bei stark bedecktem Himmel, Südküste Island
Andererseits spiegeln dunkle Wasseroberflächen ihr Umgebungslicht stärker wider, etwa die starken Farben eines Abendrots.
Bedeckter Himmel mit gespiegeltem Abendrot auf dunkler Wasseroberfläche, Chiemsee
Bei ungetrübtem Sonnenschein nehmen Schatten nicht nur Einfluss auf Helligkeit, sondern auch auf die Farbtöne.
Unterschiedliche Farben des Chiemsees an einer Bugwelle die Schatten wirft
Tagliamento zum Teil in Schatten, Norditalien
Planinsko polje, Slowenien
Reflexion als physikalische Voraussetzung für die Farbe von Wasserflächen
Bei der Reflexion wird ein auf eine Oberfläche auftreffender Lichtstrahl in seiner Richtung abgelenkt. Reflexionen finden anders als Adsorption und Streuung wesentlich an der Wasseroberfläche statt an der sie ihre Umgebung mehr oder weniger stark abbilden. Je günstiger der Brechungsindex und der Ein- bzw. Ausfallswinkel sind, umso stärker ist die Reflexion und damit die Klarheit und Farbigkeit eines sich spiegelnden Motivs.
Diese Spiegelungen hatten schon immer eine große Anziehung auf Menschen. Bei vielen alten Völkern galten Wasseroberflächen als Sinnbild für den Übergang in jenseitige Welten oder als Bild der Seele von Gaia, der Mutter Erde. Auch in der Mythologie werden Spiegelungen auf Wasserflächen immer wieder zum Motiv. Narziss etwa war so entzückt von seinem eigenen Spiegelbild, das er in einer Quelle erblickte, dass er sich verliebte. Er versuchte vergeblich, seinem Spiegelbild näher zu kommen und trat daraufhin in einen Dialog mit ihm.
Bei vielen Fotografen sind Spiegelungen zwar beliebt, reflektierendes Licht kann aber auch stören, etwa wenn der Boden eines Gewässers das eigentliche Motiv ist.
Moorauge mit reflektiertem Streulicht bei bewölktem Himmel, Benediktbeuern |
Moorauge bei ungetrübter Sonne im Oberammergau |
"Meerauge" teils mit Wolkenreflektion, Bodental Österreich
Unter gewissen Voraussetzungen kann die Reflexion von gestreutem Licht Wasseroberflächen einen fast metallisch wirkenden Glanz verleihen.
Ungewünschte Spiegelungen lassen sich an nichtmetallischen Oberflächen bis zu einem gewissen Grad mit Polarisationsfiltern reduzieren. Er transformiert das dreidimensional schwingende Licht so dass es nur noch auf einer Ebene schwingt.
Gespiegelte Wolken, Sources de la Touvre, Frankreich |
Mit Polfilter fotografiert Sources de la Touvre, Frankreich |
Am stärksten lassen sich ungewünschte Spielgelungen durch Polarisationsfilter dann reduzieren, wenn das Sonnenlicht von der Seite einfällt.
Reduzierung von Spiegelungen bei seitlich einfallendem Licht
Oder man schreitet zur Tat und verbessert den Lichteinfallswinkel durch Positionswechsel - was aber nur eingeschränkt möglich ist.
Das soll niemanden anstiften solche Orte mit dem Dröhnen von Drohnen zu "verschandeln" - auch wenn sich viele der schönsten Wasserplätze mit Riedgürteln, Sümpfen oder unzugänglichen Wäldern schützen.
Wie sich eine Spiegelung präsentiert und damit Einfluss auf dessen Farbe nimmt hängt neben dem Einfallswinkel auch von der Beschaffenheit der Wasseroberfläche ab. Ist sie groß sind und ruhig so bilden die Spiegelungen Hintergründe in Farbe wie Motiv weitgehend realistisch ab.
Plansee, Österreich |
Segelhafen bei Pula, Istrien |
Brücke über den ruhig dahinfließenden Tarn, Moissac Frankreich
Bekanntlich präsentieren sich Spiegelbilder "seitenverkehrt". Stellt man sie vom Kopf auf die Füße so fallen die Verfremdungen durch Wasserbewegungen mehr ins Auge und es fällt oft leichter die Farbverläufe zu verfolgen.
Häuser auf der Insel Albarella, Italien
Je stärker sich die Wasseroberfläche bewegt umso stärker wird das Motiv verfremdet.
Elbebrücke |
Häuserfront in Grado, Italien |
Spiegelungen mit Wellen, Siferlinger Moorsee
Verfremdung des Hintergrunds, diffuse Wasserbewegung |
Fragmentierung des Spiegelbilds einr Prienbrücke, Aschau |
Reflexionen an der Grenzfläche zwischen Wasser und Luft treten in gleicher Weise auf, wenn man sie von oben und von unten betrachtet. Da das Blau als Eigenfarbe wegen der geringen Wassertiefe wenig Einfluss nimmt werden die Farben recht "realistisch" abgebildet, wenn man in diesem Grenzbereich fotografiert.
Split field - halb über halb unter Wasser |
Flacher Winkel von unten auf die Wasseroberfläche |
Prienbrücke Aschau mit Artischocke, steiler Winkel durch die Wasseroberfläche nach oben
Wasserinhaltsstoffe als Farbgeber
Häufig wird die Farbe eines Wasserkörpers durch alle möglichen Schwebstoffe oder von Mikroalgen bestimmt. Ein bekanntes Beispiel der Eintrübung durch fein zerriebene Mineralien ist die Gletschermilch.
See unterhalb des Svartisen-Gletschers gefüllt mit Gletschermilch, Norwegen
Ruht das Wasser so sinken die schweren Gesteinspartikel ab und übrig bleiben Nanopartikel die durch Adsorption und Streuung dem Wasser wieder starke Farbtöne im Blau-Grün-Spektrum verleihen.
Wasserfärbung in Seen unterhalb des Gletschers Vatnajökull, Island
Neben Gesteinsmehlen trüben organische Stoffe das Oberflächenwasser. Sie stammen überwiegend von den Böden die das Wasser durchläuft oder von Zersetzungsprozessen im und am Wasser. Die Schlammschichten am Boden mancher Gewässer sind einige Meter stark. Noch mächtigere Schlickschichten haben sich im Lauf der Zeit in Marschen und Auen abgelagert.
Typische Farbe von Wasser in Betten mit viel organischen Stoffen, Donau-Auen bei Wien
Bei Hochwasser werden große Mengen an Schlick und Erde vom reißenden Wasser mitgespült. Sie verleihen dem Wasser die Farbe der Böden im Überschwemmungsgebiet. Rottöne bedeuten zumeist, dass die Erde einen relativ hohen Anteil an Eisen hat.
Färbung des Wassers bei Hochwasser
In weiten Teilen der Welt, vor allem im hohen Norden gibt es ausgedehnte Moore die das Wasser mit feinen Huminstoffen rötlich-braun färbt, ohne dass es dadurch trüb wird. Vorwiegend trifft man diese klaren aber moorigen Wässer in Landschaften mit geringer Geländeneigung und großen Ebenen, etwa im Baltikum oder in Finnland.
Huminstoffe im Fluss Amata, Gauja NP Lettland |
Moorwasser, Senja Nordnorwegen |
Chlorophyllhaltige Organismen verursachen eine grünliche Farbe. Treten sie in großen Mengen auf so können sie die grau-braune Farbe von sedimentreichem Wasser leicht variieren.
Chlorophyllhaltige Organismen in Stillwasser
Bei klaren Wässern sind Mikroalgen oft grasgrün wodurch in manchen Fällen ganze Seen intensiv gefärbt werden können. Einige von ihnen tragen dann auch den Namen "Grüner See".
Grüner See, Kreis Lääne-Viru, Estland
Bestimmte Blaualgen (Cyanophyceen) färben Wasser insbesondere zur Zeit der "Algenblüte" auch stark rot.
Tödliche Algenblüte vor Florida
Im Gegensatz zu Mikroorganismen die sich teilweise im Wasser selbständig fortbewegen können sinkt Eisen das bei der Begegnung mit Sauerstoff an der Oberfläche oxidiert zumeist schnell ab. So verliert Quellwasser seine "rostbraune" Farbe zumeist schon bald nachdem es aus der Erde getreten ist.
Eisenhaltige Quelle im Tal der Nachtigallen, Estland
Otilienquelle Kellberg
Klimawandel und Überdüngung führen in weiten Regionen der Welt zu einem zunehmenden Wachstum von Algen im und auf dem Wasser, zu schädlichen Algenblüten. Davon betroffen sind gleichermaßen die Meere wie Süßwässer.
Grüne Algen in einem Kanal mit spiegelnder Wasserfläche, Alkmaar Holland
Andere Flächen sind so dicht von Algen verschiedenster Farbe oder von Wasserlinsen bedeckt, dass man die eigentliche Farbe des Wassers darunter kaum erkennen kann.
Algenfilm mit Methanblasen |
Mitunter sind stille Wasserflächen von Biofilmen aus Eisenbakterien belegt. Manche von ihnen schimmern im Sonnenlicht in allen Farben des Regenbogens und sehen aus wie ein Ölfilm.
Biofilme aus Eisenbakterien auf Stillgewässern
Interessant ist es das Mischverhalten von Wasser mit unterschiedlicher Farbe, Beschaffenheit und "Geschichte" zu beobachten. An unzähligen Stellen tragen Flüsse große Mengen an Sedimenten ins Meer oder in Seen, es fließen Flüsse mit unterschiedlich starker und verschiedenfarbiger Sedimentfracht zusammen. Wird das Wasser dabei nicht in andauernder und stärkerer Bewegung gehalten wie beispielsweise durch Meereswellen so beobachtete man häufig, dass es eine sehr geringe Neigung hat sich zu mischen.
Fluss mit Sedimenteintrag ins Meer |
Kaum Wasservermischung im Lago di Cavazzo, Italien |
Die Flüsse Rio Negro und Amazonas bei Manaus in Brasilien benötigen Dutzende von Kilometern um ihr Wasser vollständig zu mischen. Danach dominiert die starke Sedimentfracht des Amazonas, während das Wasser des Rio Negro zumindest einen geringen Einfluss auf den Farbton des Wassers nimmt.
Mündung des Rio Negro in den Amazonas, Manaus Brasilien
Der Amazonas unterhalb von Manaus auf einem Satellitenbild, Google maps
In den meisten Situationen beeinflussen viele der genannten Einflüsse die Farbe von Wasser, die Farbverläufe und das Gesamtbild einer Wasseroberfläche. Bewußtes Hinschauen schult den Blick.
Förchensee bei Ruhpolding
Hintersteiner See
Die geheimen Farben von Wasser
Viele der oben beschriebenen Einflüsse auf die Farbe von Wasser lassen sich mit bloßem Auge erkennen. Das permanente irisierende Lichterspiel klarer Wässer im Sonnenlicht lässt sich hingegen nur mit der Kamera einfangen. Ein geschulter Blick erkennt zumindest ein "Glitzern" des Wassers vor hellem Hintergrund, Kalkgestein etwa oder Sand. Die sich permanent ändernden Bilder wechseln aber zu schnell als dass das menschliche Gehirn sie unterscheiden könnte.
Die kurzen Belichtungszeiten und Bildabfolgen welche die Fotografie möglich macht geben Aufschluss über diese inneren Bewegungsabläufe von Wasser. Und sie zeigen, dass auch Wasser das wir als vollkommen bewegungslos wahrnehmen nie wirklich ruht: selbst Aufnahmen mit 1/2000 Sekunde geben keine vollkommen scharfen Abbilder wieder sobald Wasser Tiefen von mehr als einigen Zentimetern hat.
Kiesbett der Soca bei hohem Sonnenstand mit kurzer Belichtungszeit, Bildabfolge jeweils 2 Sekunden
Methangasblasen und Herbstlaub mit 1/160s bei ca. 15cm Wassertiefe und geringer Wasserbewegung
Fast weiße Kiesbett eines leicht bewegten Karstgewässers von etwa 20 cm Tiefe, 1/160s
Fast weißes Kiesbett eines "unbewegten" Karstgewässers von etwa 80 cm Tiefe, 1/60s
Viel Spaß beim eigenen Hinsehen und Fotografieren!
Weiterführende Informationen und Quellen:
www.travelbook.de/natur/naturwunder/naturphaenomen-blau-leuchtendes-meer-meeresplankton-erklaerung
https://kwerfeldein.de/2012/08/25/wasser-durchsichtig-vielschichtig-ratselhaft/
https://scilogs.spektrum.de/meerwissen/lichtspektakel-unter-wasser-biolumineszenz-in-meerestieren/
https://hjschlichting.wordpress.com/2019/11/28/reines-wasser-ist-blau/
https://www.spektrum.de/frage/wieso-ist-das-meer-blau-obwohl-wasser-doch-durchsichtig-ist/591651
https://de.wikipedia.org/wiki/Rayleigh-Streuung
https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2021/02/pinke-seen-so-entsteht-die-einzigartige-faerbung