Montenegro
Einige Fakten
Montenegro, dessen Landesname übersetzt "schwarzer Berg" bedeutet gehört mit einer Fläche von 13.812 km² und einer Bevölkerung von rund 630.000 Einwohnern zu den kleinsten Ländern Europas, gemessen am Bruttoinlandsprodukt auch zu den ärmsten.
Fast jeder dritte Bewohner lebt in der Hauptstadt Podgorica. Außer Montenegrinisch als Landessprache wird von den verschiedenen ethnischen Gruppen Serbisch, Bosnisch und Albanisch gesprochen. Neben 72% Orthodoxen Christen und wenigen Katholiken leben rund 19% Muslime im Land.
Neben dieser ethnischen und religiösen Vielfalt die eine sehr wechselvolle Geschichte widerspiegelt hat das kleine Land weitere markante Merkmale vorzuzeigen:
- Eine durchschnittliche Höhe von 1086 Metern die es nach der Schweiz zum zweithöchsten in Europa macht
- drei unterschiedliche Klimazonen mit Regionen in denen rund 140 Tage im Jahr Schnee liegt
- einen der südlichsten Gletscher Europas und mehrere zwar kleine aber schneesichere Skigebiete
- mit der Ledena pecina (43.139367, 19.049967) eine Eishöhle auf 2160 Meter Höhe in Durmitor
- 62% Waldfläche, die es zu einem der waldreichsten Gebiete Europas machen
- mit dem Nationalpark Biogradska Gora einen der ältesten und artenreichsten Buchenurwälder Europas
- lediglich 17% landwirtschaftlich genutzte Fläche die damit so niedrig liegt wie kaum wo sonst in Europa.
- immerhin 294 Küstenkilometer die zu den am stärksten verkarsteten Gebieten in Europa gehören
- 17 Inseln von denen einige am Skadarsko Jezero liegen der mit 450 km² der größte See Südeuropas ist und dazu wohl einer der schönsten in ganz Europa
- mit der Bucht von Kotor die südlichste fjordartige Landschaft Europas die als natürliche und kulturhistorische Region seit 1979 UNESCO Welterbestätte ist
- den Nationalpark Durmitor dessen grandiose Berglandschaft seit 1980 als Welterbe geschützt ist
- die Taraschlucht, die mit einer Länge von 78 Kilometern und einer Tiefe von bis zu 1.600 Metern die größte in Europa ist
- mit dem Orjenski Vodopad (Schüttung bis 150 m³ l/s) eine der größten periodischen Karstquellen weltweit
- historisch bedeutende Altstädte in Herzeg Novi, Kotor, Bar oder Ulcinj, Klöster wie Moraca und Ostrog
- die neben dem Kosovo höchste Geburtenrate in Europa
Montenegro als Reiseland
Obwohl Montenegro spektakuläre Naturräume und sehenswerte Kulturgüter bietet wird es touristisch erst in den letzten Jahren zunehmend erschlossen. Als das Nachbarland Kroatien schon längst stark steigende Zahlen an ausländischen Gästen verbuchen konnte war von Montenegro allenfalls die Bucht von Kotor bekannt, in die sich dann und wann ein kleineres Kreuzschiff verirrte. Obwohl der Tourismus in den letzten Jahren deutlich zugelegt hat gilt insbesondere das gebirgige Hinterland Montenegros noch immer als Geheimtipp.
Das kleine Land ist bemüht den Anforderungen des steigenden Tourismus gerecht zu werden und seinen Gästen etwas zu bieten - nicht nur mit dem Ausbau der Infrastruktur an seinen Küsten, sondern auch im Landesinneren. Rafting-Touren auf der Tara oder der Piva gelten heute als mit die schönsten in ganz Europa. Montenegro setzt hier mit einfachen aber zumeist ordentlichen Unterkünften und Gaststätten auf Naturtouristen und Individualreisende und liegt damit im Trend. Die Zahl der Campingplätze nimmt auch im Landesinneren zu. Wildcampen und mit dem Wohnmobil frei stehen ist offiziell zwar nicht gestattet wird aber fast überall geduldet. Geeignete Plätze findet man trotz der Gebirgigkeit des Landes sehr zahlreich - allerdings sollte man Einzelgehöfte mit aggressiven Hunden meiden und sich vergewissern, dass in der Nähe keine der wilden Mülldeponien liegt die es leider noch immer zahlreich gibt.
Die Hauptverkehrsstraßen sind - bedingt durch die Gebirgigkeit des Landes - zwar kurvenreich und manchmal nehmen ihre Steigungen kein Ende. Überwiegend sind sie aber gut ausgebaut. Selbst einige einspurige Straßen wie die grandiose P-14 die auf Höhen bis zu 1.900 Metern den Durmitor durchquert sind mittlerweile auch mit Wohnmobil gut befahrbar - zumindest, wenn sie ab Mitte Juni schneefrei sind. Durch die neue SH-20 an der Nordwestgrenze Albaniens können nun auch abgelegene Landesteile Montenegros wie das Vermosh-Tal oder Gusinje vom Meer aus bequem erreicht werden.
Von den meisten Straßen zu einem der zahllosen abgelegenen Bergdörfer sollte man hingegen Abstand nehmen, wenn man nicht geländegängig unterwegs ist. Da hilft oft das E-Mountainbike das sich bei vielen Unternehmungen in Montenegro als sinnvoller Reisebegleiter erweist. Da es beispielsweise in den Bergen noch so gut wie keine Übernachtungshütten gibt kann man so schon mal ein Stück Weg fahren, wenn man bei längeren Touren nicht im Zelt übernachten möchte. Oben in luftiger Höhe hat man dann mehr Zeit und Kraftreserven zur Verfügung.
Im Durmitor, der in den letzten Jahren immer mehr Touristen anzieht, sind einzelne Wanderwege inzwischen markiert und gesichert. Wenn man über keine ausreichende Orientierung oder Gebirgserfahrung verfügt sollte man sich aber einer Gruppe anschließen. Es werden hier inzwischen viele geführte Wanderungen angeboten bei denen man auch einiges von Land und Leuten erfährt. Verpflegung und ausreichend Wasser sind bei solchen Unternehmungen mitzuführen. Auf Quellen ist jedenfalls kein Verlass das viele im Sommer versiegen.
Die Montenegriner sind stolz auf ihr kleines Land und ihre Kultur. Touristen begegnen sie ganz überwiegend gastfreundlich und hilfsbereit. In den Städten und größeren Ortschaften trifft man häufig jemanden der einem in Englisch, mitunter auch auf Deutsch Auskunft geben kann. Auch in ländlichen Gegenden hat man sich inzwischen an Touristen gewöhnt und begegnet ihnen freundlich. Montenegro gilt nicht nur sehr sicheres Reiseland, man fühlt sich auch sicher. Diebstähle oder Trickbetrügereien auf die man als Tourist im benachbarten Italien jederzeit vorbereitet sein sollte sind im gesamten Balkan außerordentlich selten.
Von Problemen wie Korruption, einer Clanwirtschaft die noch in archaischen Strukturen wurzelt, dem Filz zwischen Macht und Geld aber auch der noch immer starken national-ethnischen Polarisierung bekommt man als Tourist nur etwas mit, wenn man ein längeres Gespräch mit Einheimischen führen kann. Ein weiteres Problem das das Land zu destabilisieren droht ist, dass viele der Infrastrukturprojekte von China finanziert wurden wodurch Montenegro in eine Schuldenfalle geraten ist. Jetzt hoffen viele, dass die EU dem Land aus seiner exorbitanten Staatsverschuldung heraushilft.
Montenegro als Wasserland
Hydrogeologisch wird das in den Südost-Dinariden gelegene Montenegro durch eine sehr weit fortgeschrittene Verkarstung seiner mächtigen Kalkschichten geprägt. Schon vor über 100 Jahren urteilte der bekannte serbische Geograph Jovan Cvijić: "Es gibt keinen tieferen und entwickelteren Karst als diesen herzegowinisch-montenegrinischen zwischen der unteren Neretva, Skutarisee und Adriatischem Meer. Nicht ein Tropfen Wasser fließt oberflächlich ab, sondern alles versinkt in Schloten, Ponoren, Klüften und Vertiefungen.“
Wie alle stark gealterten Karstgebiete ist deshalb auch der Untergrund in Montenegro von Klüften und Höhlensystemen mit unterirdischen Wasserläufen auf unterschiedlichen Ebenen durchzogen. Einen Eindruck davon gibt bei einer Fahrt durch das Land die eindrucksvolle Dolinenlandschaft, die an manchen Stellen fast als Kraterlandschaft bezeichnen kann. Selbst auf Satellitenaufnahmen sind die unzähligen Einbrüche klar zu erkennen ist.
Allerdings sind durch die Unzugänglichkeit des Landes vermutlich noch viele von ihnen unentdeckt geschweige denn erforscht. Nur eine einzige in der Nähe von Cetine, die Lipa-Höhle (42.367008, 18.953080) ist öffentlich zugänglich und jedenfalls einen Besuch wert. An anderer Stelle geben gewaltige Karstquellen einen Eindruck davon wie mächtig die Wasserläufe unter der Erde anschwellen können, so etwa der periodische Orjenski Vodopad (Schüttung bis 150 m³ l/s) oder die Ali-Pascha-Quellen beim Ort Gusinje an denen Wasser aus dem Prokletije-Gebirge austritt und das Flüsschen Vruja bildet.
Ein weiteres bestimmendes geologisches Merkmal ist die hohe tektonische Aktivität die bis weit ins Innere des Westbalkans immer wieder verheerende Erdbeben auslöst. In weit zurückliegender Vergangenheit hat es das einzige montenegrinische Abflusssystem, die Bokeljska reka, zerstört. 1979 traf ein Erdbeben die überwiegend steil zum Meer abfallende Küste Montenegros mit solcher Härte, dass es offensichtlich auch auf die unterirdischen Wasserläufe Auswirkungen hatte. Noch heute berichten ältere Landbewohner, dass damals Quellen versiegt und anderswo neue entstanden seien.
Flüsse
Heute gehören über 50% Montenegros mit bekannten Flüssen wie Lim, Drina oder Tara zum Einzugsgebiet des Schwarzen Meeres, während die Flüsse des Moraca-Zeta-Systems zunächst den Skutarisee durchfließen und dann als Buna (Bojana) nach 44 Kilometern in die Adria münden.
Die allermeisten Flüsse der Dinariden entspringen aus Karstquellen und nehmen aus ihren Seitentälern Karstwasser auf. Deshalb führen sie viele Monate im Jahr glasklares Wasser das in allen Farben des Blau-Grün-Spektrums leuchtet. Lediglich solange im Frühjahr die Schneeschmelze in den Bergen andauert transportieren sie große Mengen an Geröll und Sedimenten mit sich und trüben sich dann eine trübe grau-braun ein. Ab dem Hochsommer bis hinein in den Herbst führen einige der kleineren Flüsse andererseits so wenig Wasser, dass es - typisch für Karstflüsse - in den Betten vollständig versickert und vielleicht weiter unten wieder aufsteigt. Einer der schönsten und interessantesten dieser Karstflüsse ist die Cijevna, die ganzjährig Wasser führt und sich kurz vor ihrer Mündung ein nur drei Meter breites dafür umso tieferes Bett in den Felsen gegraben hat.
Viele dieser Flüsse haben steile und sehr tiefe Täler in die Gebirge gegraben die von oben oft über Dutzende Kilometer nicht zugänglich sind was die Besiedelung und Verkehrsinfrastruktur des Landes nachhaltig beeinflusst hat. Nicht zufällig haftet Montenegro das Flair eines wilden, etwas düsteren Landes an. Doch das ist nur eine Seite dieses außerordentlich vielgestaltigen Landes. Sowohl auf den Tieflandebenen um Moraca und Zeta wie auch auf Poljen des Hochlandes findet man zahlreiche Bäche und Flüsschen die verträumt durch die Landschaft mäandern. Dort oben sind viele allerdings schon Ende Juli nur noch an ihren Läufen zu erkennen die zwar jetzt trocken liegen aber von Pflanzen bewachsen sind, die feuchte Standorte schätzen. Mit Wasser füllen sie sich erst wieder mit den Regenfällen im Herbst und der Schneeschmelze im Frühjahr.
Seen
In Montenegro gibt es fünf angestaute und etwa 40 natürliche Seen. Von den vielen kleinen aber teilweise zauberhaft schönen Bergseen liegen 15 im Nationalpark Durmitor wo sie überwiegend durch Wanderwege erschlossen sind. Der 1.400 Meter hoch und reizvoll gelegene Touristenort Zabljak eignet sich gut als Ausgangspunkt um einige dieser Seen mit ganz unterschiedlichem Charakter auf mehrstündigen Touren zu erkunden. Einer der wohl bekanntesten und am häufigsten fotografierten ist der Veliko Skrcko Jezero mit dem benachbarten Malo Skrcko Jezero auf 1.700 Metern Höhe den man auf einer Tagestour von der P-14 aus erreicht.
Der weitaus größte und in vieler Hinsicht herausragende See ist sicherlich der rund 370 km² große Skutarisee den sich Montenegro mit Albanien teilt und dem bei WASSERWIKI ein eigener Beitrag gewidmet ist.
Quellen
Thermal- und Heilwasserquellen sind in Montenegro nur sehr spärlich vertreten. Lediglich im Ort Igalo bei Herceg Novi an der Bucht von Kotor findet man Kuranwendungen mit Heilwasser und Meerschlamm, irgendwo bei Zabljak soll es eine warme Quelle geben und in Lesnica bei Bijelo Polje wird das Heilwasser Bijela Rada in Flaschen abgefüllt.
Was Montenegro hingegen zu bieten hat sind unzählige Karstquellen in allen Höhenlagen, in jeder erdenklichen Größe und Form. Fährt man im Frühjahr oder nach starken Regenfällen im an der Bucht von Kotor entlang so sieht man sogar einige der zahlreichen unterirdischen Karstwasseraustritte am Fuß der steil aufragenden Kalksteinwände des Orjen und Lovcen-Gebirges. Man erkennt ihr Brodeln als kreisrunde Flächen die sich von der ruhigen Meeresoberfläche deutlich abheben.
Mehrere Dutzend solcher unterirdischen Quellen sind bekannt, "Vruljas" oder "Vrujas" die entsprechend ihrer jahreszeitlicher Ergiebigkeit einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Salzgehalt des Wassers in der Bucht nehmen. Oberirdisch tritt Wasser hingegen nur bei Risan und Kotor aus.
Während man auf dem Karstrücken zwischen Skutarisee und Adria zwar zahlreiche allerdings zumeist kleinere Quellen findet von denen viele wohl auch nur bei den Einheimischen einen Namen tragen, findet man vor allem am Skutarisee, im Tal der Zeta aber selbst auf über 1000 Metern Höhe oberhalb von Gusinje riesige und teilweise unwirklich schöne Limnokrenen, die "Blauen Augen des Balkans" wie sie auch genannt werden.
Sie alle bilden Teil einer komplexen unterirdischen Wasserlandschaft deren Zusammenhänge noch kaum bekannt sind und die durch zahlreiche menschliche Eingriffe in den letzten rund 80 Jahren noch unübersichtlicher geworden sind. Zu ihr gehören auch Schwinden und Estavellen, bei denen das Wasser je nach Grundwasserstand kommt aber auch wieder verschwindet wie etwa bei der Gornjepljski vir nahe Rastovac.
Sieht man sich in Reiseführern oder im Internet um so wird dort nur ein winziger Bruchteil der Wasserschönheiten Montenegros aufgeführt und benannt. Eine eingehendere Recherche ist wegen sprachlicher Probleme, unklarer Benennungen usw. mühsam. Vieles, sehr vieles hat auch noch gar keinen Einzug gehalten und ist allenfalls auf Satellitenkarten oder durch Erkundung vor Ort zu finden. Montenegro ist ein Land für Neugierige!
Weiterführende Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Montenegro
https://de.wikipedia.org/wiki/Bucht_von_Kotor
https://de.wikipedia.org/wiki/Geographie_Montenegros
https://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben_in_Montenegro_1979
https://www.hss.de/news/detail/asdasd-1-news7731/
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Seen_in_Montenegro
https://www.lochstein.de/hoehlen/sons/montenegro/montenegro.htm