Cijevna

 

 

  Radtour an der Cijevna Koordinaten

 

 

Die Cijevna ist ein über 60 Kilometer langer Karstfluss, der nur wenige Kilometer südlich der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica in die Moraca mündet. Und die Cijevna ist nicht nur ein Karstfluss, sondern mehr: Sie ist der Inbegriff eines Karstflusses und bildet nahezu alle hierfür typischen Merkmale aus.

Das erste ist die auffallend leuchtende Türkisfärbung des Wassers, die von gelösten Mineralstoffen herrührt, die bestimmte Frequenzen des Sonnenlichts absorbieren. Nicht sofort zu erkennen ist der starke Zusammenhang des Flusses mit den unterirdischen Grundwasserleitern und -systemen. Achtet man allerdings auf seine Wassermenge, wenn man ihn entlangfährt, so bemerkt man, dass er in Montenegro wieder an Wasser verliert. Es wird vermutet, dass dieses Wasser unterirdisch einigen der mächtigen Quellen des etwa sieben Kilometer entfernten Skutarisees zufließt. Wie genau ein solches Aquifer allerdings beschaffen ist, konnten auch Färbeversuche bisher nicht klären.

Erfasst wird die mittlere Wassermenge des Flusses an seiner Mündung, wo sie mit etwa 25 m³/s angegeben wird. Am meisten Wasser führt der Fluss im Dezember nach den ersten starken Niederschlägen und während der Schneeschmelze im April. Dann kann das Wasser so viele Sedimente transportieren, dass es sich milchig-grau eintrübt.

Ein weiteres Merkmal des Karstflusses bilden die zahlreichen Höhlen und die typische Verwitterung und Auswaschungen, die man an seinen Ufern erkennt. Eine Besonderheit ist, dass die Cijevna sich in ihrem Mittellauf ein ausladendes Bett in den Kalkstein gegraben hat, sie in ihrem Unterlauf teilweise aber nur etwas breiter als einen Meter und dafür umso tiefer ist.

Als ihr Ursprung gilt die Quelle Burimi i Berizhdolit, die auf knapp 1.300 Meter Höhe im Prokletije-Gebirge in Albanien liegt, nicht weit von der Straße entfernt, die zum Vermosh Tal und zu den Ali Pascha Quellen hochführt, und die den Fluss auf einer weiten Strecke begleitet. Dort trägt die Cijevna den albanischen Namen Lumi i Cemit. Nach Montenegro tritt der Fluss nach knapp der Hälfte seines Laufes in eine unzugänglichen Schlucht auf etwa 160 Meter Höhe ein. Die Gegend ist aufgrund ihrer Unberührtheit besonders artenreich und als Schutzgebiet ausgewiesen. Eine Grenzstation wurde inzwischen zwar gebaut, es liegen (Stand 2020) aber keine Infos vor, ob sie schon betrieben wird. Sicherlich aber wird das Tal der Cijevna in Montenegro durch die Öffnung der Grenze in Mitleidenschaft gezogen.

Zwar sind der Fluss und seine Wasserqualität in Albanien noch in sehr gutem Zustand, wie die 22 Fischarten zeigen, die in ihm leben. Der untere Abschnitt in Montenegro ist aber durch viele Faktoren bedroht: Durch die Nähe zur Hauptstadt Podgorica, durch Neubauten an seinen Ufern, den Plan für weitere Wasserkraftwerke und vor allem durch den hemmungslosen und zum Teil illegalen Kiesabbau in seinem Mündungsgebiet. Schließlich steht auch das defizitäre Aluminiumwerk südlich von Podgorica - einer der größten Arbeitgeber des Landes - wegen seiner giftigen Rotschlammteiche seit Jahrzehnten in der Kritik. Weltweit haben Dammbrüche an solchen Deponien schon wiederholt zu gewaltigen Umweltkatastrophen geführt.

Wenn man die Radtour am schönen Wasserfall der Cijevna beginnt, den die Montenegriner in sanfter Übertreibung Vodopad Nijagara nennen, ist sie bis zur albanischen Grenze und zurück etwa 50 Kilometer lang und es sind insgesamt etwa gut 500 Höhenmeter zu überwinden. Der Weg führt immer am südlichen Ufer entlang und bietet auf weiten Abschnitten wunderbare Blicke auf den Fluss. Hat man die Einflusssphäre von Podgorica hinter sich gelassen, fährt man zunächst durch ein offenes, idyllisches Tal mit bäuerlicher Landwirtschaft und schönen Badeplätzen. Je weiter man hochfährt, umso mehr verengt sich das Tal. Ab und zu führen kleine Brücken zur gegenüberliegenden Talseite mit ihren verstreuten Gehöften. Wenig vor der albanischen Grenze weist die Straße dann kleine Abschnitte mit stärkeren Steigungen auf.

Zurück am Wasserfall kann man zu Fuß noch ein paar hundert Meter flussauf laufen und dabei staunen, wie sich das Flußbett hier bis auf wenig mehr als einen Meter verengt.