Herausforderung und Potentiale der Wasserkraft

Ein Gastbeitrag von Dipl. Hydr. Markolf Weisshuhn

 

 

 

 

“Die Idee ist das Absolute, und alles Wirkliche ist nur Realisierung der Idee” (Georg W.F. Hegel)

 

Die Kraft fließenden Wassers ist nach der Biomasse-Verbrennung die zweitälteste vom Menschen genutzte  regenerative Energieform. Sie steht heute vor ganz neuen Herausforderungen.

 

Die aktuelle Marktsituation im Sektor Wasserkraft

erfordert neben den klassischen Ingenieursqualitäten im Wasserbau und Planungsrecht ein ganz besonderes Verständnis der Rahmenbedingungen.

 

Was hat sich für Planer & Investoren geändert?

Gern erläutere ich Ihnen meine Sicht, lassen Sie mich dazu etwas weiter ausholen. Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft (WRRL) ist am 22.12.2000 in Kraft getreten. Mit dem Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt fiel der Startschuss für eine integrierte Gewässerschutzpolitik in Europa, die “… zu einer Harmonisierung des Gewässerschutzes innerhalb der weiter anwachsenden Gemeinschaft und zu einer Verbesserung des Zustands der Gewässer beitragen wird. Der besondere Reiz dieser Richtlinie liegt in der konsequenten Umsetzung einer ganzheitlichen Betrachtung der Gewässer, vor allem aus ökologischer Sicht. “ (Quelle: BMU)

Halten wir den ersten für uns wesentlichen Aspekt als Forderung der EU-Wasserrahmenrichtlinie bei sämtlichen Betrachtungen zu Gewässern fest:

 

Die Betonung liegt auf ganzheitlich-ökologischer Sicht.

Die Umsetzung der europäischen WRRL in nationales Recht bewirkte in der BRD eine Neufassung des WHG (Wasserhaushaltsgesetz), welches direkte Auswirkungen auf die Genehmigungsverfahren sowohl für neu zu errichtende als auch für bestehende und zu revidierende bzw. zu ertüchtigende Wasserkraftwerke hat. Das Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts, gültig seit 1. März 2010, ist nun bei allen planerischen Aspekten als Genehmigungsgrundlage zu berücksichtigen.

Insbesondere §35 WHG muß unsere Beachtung finden:

  • 35 Wasserkraftnutzung
    (1) Die Nutzung von Wasserkraft darf nur zugelassen werden, wenn auch geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergriffen werden.
    (2) Entsprechen vorhandene Wasserkraftnutzungen nicht den Anforderungen nach Absatz 1, so sind die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen.
    (3) Die zuständige Behörde prüft, ob an Staustufen und sonstigen Querverbauungen, die am 1. März 2010 bestehen und deren Rückbau zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele … auch langfristig nicht vorgesehen ist, eine Wasserkraftnutzung nach den Standortgegebenheiten möglich ist. Das Ergebnis der Prüfung wird der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich gemacht.

Sowie §27 WHG:

  • 27 Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer
    (1) Oberirdische Gewässer sind … so zu bewirtschaften, dass
    1. eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird und
    2. ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.

Um es klar zu sagen: Damit bewegen wir uns bei allen planerischen Tätigkeiten in einem unexakt formulierten Rechtsraum. Die Umsetzung in nationales Recht hängt in jedem Genehmigungsverfahren die Aspekte der Gewässerökologie mit dem durch die EU-Richtlinie geforderten “guten ökologischen Zustand” des Gewässers sehr hoch, ohne diese exakt zu formulieren. Daher erscheint es für jeden Projektentwickler und Planer im Geschäftsumfeld Wasserkraft sinnvoll und ratsam, entsprechend frühzeitig kombiniertes KnowHow aus Energie-Technik und fundiertem Verständnis der Gewässerökologie sowie der Denkweise von deren Vertretern im Umweltschutz in seine planerische Tätigkeit zu integrieren. Die Novellierung des WHG (Wasserhaushaltsgesetz) und der Naturschutzgesetzgebung in der BRD nehmen in ihrer Auslegung durch die an den Genehmigungsverfahren beteiligten Organe der Administrative erfahrungsgemäß eine eher restriktive Haltung gegenüber neu zu errichtenden und zu revidierenden / zu ertüchtigenden Wasserkraftanlagen an bestehenden Alt-Standorten ein. Entsprechend stagnativ entwickelt sich in der BRD die Menge der Stromproduktion aus Wasserkraft in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zu anderen regenerativen Energieträgern (insbesondere Windkraft und Biomasse-Verstromung).

Fazit: Wir haben es im Sektor Wasserkraft mit klar rivalisierenden Anforderungen der Energiepolitik einerseits und Anforderungen durch die meist eher kleinräumig und regional definierten Anforderungen des Gewässerschutzes zu tun.

 

Bevorzugung von ökologisch verträglichen Wasserkraftwerken im EEG:

Laut dem in 2009 novellierten EEG (Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien – ErneuerbareEnergienGesetz) soll für den Strom aus Wasserkraftanlagen, die zur Verbesserung des ökologischen Zustandes des Gewässers beitragen, ein erhöhter Einspeisetarif gezahlt werden:

(1) Für Strom aus Wasserkraft, der in Anlagen mit einer Leistung bis einschließlich 5 Megawatt erzeugt wird, beträgt die Vergütung
1. bis einschließlich einer Leistung von 500 Kilowatt 12,67 Cent pro Kilowattstunde, …..
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nur, wenn
….. 2. nach der Errichtung oder Modernisierung der Anlage nachweislich ein guter ökologischer Zustand erreicht oder der ökologische Zustand gegenüber dem vorherigen Zustand wesentlich verbessert worden ist.
(Quelle: EEG 2009).

Die offizielle Energiepolitik der BRD honoriert also ökologisch verträgliche Technologien. Und damit haben wir den zweiten für uns wesentlichen Aspekt identifiziert:

 

Das EEG will ökologisch verträgliche Wasserkraftanlagen.

Die Kernaufgabe muß daher lauten: Wie können wir diese einander scheinbar widersprüchlichen Aspekte bestmöglich zur Deckung bringen? Wie erfüllen wir scheinbar unvereinbare Anforderungen? Welche technisch machbaren und wirtschaftlich sinnvollen Lösungen stehen uns zur Verfügung?

In Österreich und anderen EU Mitgliedsstaaten gestaltet sich dieses Spannungsfeld zwischen dem politisch gewünschten Ausbau der regenerativen Stromerzeugung und der festgeschriebenen Anforderungen seitens des Natur- und Umweltschutzes aufgrund der geltenden europäischen WRRL grundsätzlich ähnlich wie in der BRD. Die nationale Ausformulierung und Umsetzung mittels spezifisch niedrigerer Vergütungssätze, dafür Gewährung ausgleichender Investitionszuschüsse, ist abweichend.

Anmerkung zum Sonderfall Schweiz: Die Schweiz ist als Nicht-EU Land hier gesondert zu betrachten. Dort sind Klein-Wasserkraftwerke leichter genehmigungsfähig und zudem aufgrund sehr attraktiver Einspeisevergütungen noch lukrativer zu betreiben.

Vor diesem Gesamt-Hintergrund ist es aus Investoren- Anbieter,- Planer- und Entwicklerseite sehr sinnvoll, hier über neuartige Technologien der Wasserkraft abseits der bisher marktbeherrschen Maschinen-Bauformen Kaplan,- Francis- und Peltonturbine und ihrer jeweiligen Derivate nachzudenken

 

Ausblick:

Die klassischerweise etablierten und bisher industriell umgesetzten Wasserkraft-Technologien werden von den meist einseitig gewässer-ökologisch orientierten und geprägten Genehmigungsinstanzen tendenziell eher ablehnend betrachtet, wobei die novellierte Gesetzgebung diese restriktive Handabung von Neu-Genehmigungen unterstützt. Daher sind neue technologischen Ansätze mit druckarmen, langsamlaufenden Maschinensätzen, die den Wasserfluß nicht durchschneiden und auch schon bei sehr geringen Potentialunterschieden von einem Meter oder weniger wirtschaftlich betrieben werden können, bevorzugt zu betrachten. Eine ganze Reihe von Beispielen für solche Maschinen sind im Markt für Klein-Wasserkraftwerke inzwischen erkennbar und erprobt.

 

 

Vielen Dank für den Beitrag lieber Markolf. 

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